Duell unter Kumpels: Pfiffiger Ovtcharov besiegt Boll

Bremen (dpa) · Tischtennis-Pfiffikus Dimitrij Ovtcharov hat Top-Star Timo Boll die Show gestohlen. Zwei Wochen nach seinem EM-Sieg in Dänemark verlor der Rekord-Europameister das deutsche Traumfinale der German Open in Bremen unerwartet gegen seinen Kumpel Ovtcharov.

 Dimitrij Ovtcharov gewinnt das Traumfinale gegen Timo Boll. Foto: Ingo Wagner

Dimitrij Ovtcharov gewinnt das Traumfinale gegen Timo Boll. Foto: Ingo Wagner

Mit seinem 4:2-Endspielsieg gewann der 24 Jahre alte Olympia-Dritte am Sonntag erstmals das mit 120 400 Dollar (93 000 Euro) dotierte Turnier. Es war nach der Absage der Chinesen diesmal nicht top, aber dennoch gut besetzt.

„Es ist schon ein spezielles Gefühl, gegen Timo zu spielen. Wir trainieren häufig zusammen, deshalb war das Finale sehr taktisch geprägt. Großer Dank an das Publikum für die Unterstützung“, sagte Ovtcharov nach seinem Coup. „Dima war am Tisch etwas pfiffiger und spritziger. Ich konnte den Schalter nicht mehr umlegen“, erklärte der viermalige German-Open-Sieger Boll zu dem Duell unter Freunden. „Es ist schön, dass ein Deutscher gewonnen hat.“

Wie immer in solchen Fällen verzichteten beide Profis auf Betreuer. Bundestrainer Jörg Roßkopf verfolgte mit fast 5000 Besuchern das erste reindeutsche Herren-Finale in der German Open-Geschichte seit 1999 entspannt auf der Tribüne. Boll ging erwartungsgemäß mit 2:0 in Führung, doch beim Stand von 6:7 im dritten Durchgang nahm Ovtcharov eine Auszeit und das Match kippte.

„Da bin ich in einen Strudel geraten, aus dem nicht mehr raus fand. Das Feuer hat nicht mehr so gelodert“, berichtete Boll. 7000 Dollar waren ein kleines Trostpflaster, die Siegprämie von 14 000 Dollar kassierte völlig zurecht Ovtcharov. Sein unbändiger Siegeswille imponierte, zumal ihm auch der 4:3-Sieg im Halbfinale gegen den Olympia-Vierten Chuang Chih-Yuan (Taiwan) in den Knochen steckte.

In der Neuauflage des Londoner Bronze-Spiels musste Ovtcharov vor dem 13:11 im siebten Satz zwei Matchbälle des Bremer Bundesliga-Spielers abwehren. Von einer Wachablösung wollte der Russland-Legionär von Fakel Orenburg nach seinem dritten Sieg über Boll nicht sprechen. „Timo ist ein absoluter Top-Athlet. Wir können uns alle bei ihm bedanken“, sagte „Dima“, der seinen Freund 2008 und 2010 schon einmal bei internationalen Turnieren besiegen konnte.

„Wenn wir das so nutzen, ärgert mich das Fehlen der Chinesen nicht. Das Finale war eine Demonstration unserer aktuellen Stärke“, bewertete DTTB-Sportdirektor Dirk Schimmelpfennig die „deutsche Gala“ beim Heimspiel in Bremen. Zur glänzenden Stimmung und der tollen Bilanz der Gastgeber trug auch der unerwartete Sieg des jungen Damen-Doppels Sabine Winter/Petrissa Solja bei. Das Duo siegte im Finale mit 4:1 gegen Jiang Huajun/Lee Ho Ching aus Hongkong.

Im Damen-Einzel schaffte es Newcomerin Shan Xiaona vom FSV Kroppach als beste DTTB-Teilnehmerin bis ins Viertelfinale. Die gebürtige Chinesin hatte im September einen deutschen Pass erhalten. Sie hofft nun auf die Aufnahme im Nationalteam. Die Herzen der Fans eroberte Shan auf Anhieb. „Wir hatten an fünf Tagen mehr als 10 000 Zuschauer. Bremen war auch wirtschaftlich ein gutes Pflaster“, sagte Thomas Weikert als Präsident des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB).

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