Ein Jahr vor Olympia: China Nummer 2 im Wasser

Shanghai (dpa) · Die Ausbeute von elfmal WM-Gold in Rom übertrafen die Chinesen mit 15 Titeln locker. Und zum Abschluss sorgte Sun Yang dann noch einmal für große Freude im Oriental Sports Center. Chinas Schwimm-Held knackte den einzigen Weltrekord aus der Vor-Anzug-Zeit.

So richtig laut wurde es erst auf den letzten 20 Metern der unglaublichen Schlussbahn von Sun Yang - und nach 14:34,14 Minuten hatte Chinas großer Schwimm-Held das geschafft, was alle von ihm über 1500 Meter erwartet hatten. „World Record“ blinkte auf dem Video-Würfel unter dem Hallendach auf, „New World Record“ blitzte über die elektronischen Bande des Oberrangs. Bei 1400 Metern war der 19-Jährige noch 2,03 Sekunden hinter dem Tempo des am längsten bestehenden Becken-Weltrekords gewesen, bis er unwiderstehlich anzog. Zehn Jahre und zwei Tage hatte die Marke des Australiers Grant Hackett Bestand - bis das 1,98 große Kraftpaket aus dem Reich der Mitte kam.

Der Weltmeister über 800 und 1500 Meter verneigte sich kurz, als er aus dem Rekord-Becken stieg, aber große Emotionen scheinen dem Riesen fremd zu sein. Lohn von den Sport-Oberhäuptern dürfte ihm aber gewiss sein, denn er hatte seinen Teil zur WM-Mission beigetragen. „Ich war nicht besessen von dem Weltrekord, das Ziel war Gold“, sagte Sun.

117 Sportler und 48 Offizielle wurden vom Ausrichter am 16. Juli mit einem klaren Ziel in die Titelkämpfe geschickt: Ein Jahr vor Olympia sollte Platz eins in der Medaillenwertung her. Zehn Goldmedaillen in zehn Sprungdisziplinen, sechsmal Silber und einmal Bronze hinter Übermacht Russland im Synchronschwimmen, ganz nebenbei Wasserball-Silber bei den Frauen. Und in den prestigeträchtigen Beckenwettbewerben schwammen die Chinesen ganz vorne mit. Das US-Team war dank Ryan Lochte, Michael Phelps & Co. als beste Becken-Nation mit einem ähnlich atemberaubenden Endspurt wie Sun Yang noch den Tick stärker. Das wird China für London nur noch mehr motivieren.

Während die gedrillten Springer „im Land der Akrobatik und der Shaolin-Mönche“, so der deutsche Leistungssportdirektor Lutz Buschkow, besonders auf ihr „großes Kaderpotenzial“ bauen können, sind die Schwimmer bei ihrem Weg zurück an die Weltspitze andere Pfade gegangen. Sie trainierten bei ausländischen Spezialisten. Sun Yang, der als zweiter chinesischer Mann überhaupt Schwimm-Weltmeister wurde, ließ sich zum Beispiel vom Australier Denis Cotterell in Titel-Form bringen - und auf Weltrekord-Speed.

Zehn Jahre stand die Bestmarke von Hackett über die längste Beckenstrecke. Die Bestzeit von 14:34,56 Minuten vom 29. Juli 2001 war die einzige, die die Ära der Hightech-Anzüge überstanden hatte. Bis Sun Yang zu Hause Dampf machte. Nicht zu Überraschung des Australiers. Hackett war davon ausgegangen, dass der Asienrekordhalter seine Marke mit dem „Heimpublikum im Rücken“ brechen wird.

Insgesamt 14 Becken-Medaillen, davon fünf goldene, standen für die Gastgeber nach dem letzten Finaltag im 220 Millionen Euro teuren Oriental Sports Center im Beckenschwimmen zu Buche. Nur in den 90er Jahren waren sie in dieser WM-Sparte schon einmal so stark. Damals aber war das Land, in dem der Leistungssport staatlich straff organisiert ist, kurz darauf in einen schweren Doping-Skandal verstrickt. Mehr als 40 chinesische Schwimmer wurden positiv getestet. Der Ruf war spätestens nach dem Auffliegen von sieben Sündern bei der WM 1998 in Perth auf Jahre zerstört.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort