Ende des Neuaufbau: Ruderer nehmen Kurs auf London

Bled (dpa) · Die Zeit der Experimente ist vorbei. Bei der WM auf dem idyllischen Bleder See in Slowenien geht es für die deutschen Ruderer nicht nur um Medaillen, sondern auch um die Plätze für London 2012. Vor allem dem Deutschland-Achter werden beste Chancen eingeräumt.

Der Achter als Favorit, der Einer als Wundertüte - für die Paradeboote des Deutschen Ruderverbandes (DRV) beginnt die WM in Bled unter umgekehrten Vorzeichen. Anders als die seit 27 Rennen ungeschlagene Crew um Schlagmann Kristof Wilke geht Rekonvaleszent Marcel Hacker als Außenseiter in den Kampf um die olympischen Startplätze. Obwohl dessen Bandscheiben-Operation nur gut einen Monat zurückliegt, wertet DRV-Cheftrainer Hartmut Buschbacher die Nominierung des deutschen Skiff-Meisters nicht als Risiko: „Er ist beschwerdefrei und hat ansprechende Trainingsleistungen gezeigt. Wir wollen ihn schließlich in diesem Kreis nicht vorführen.“

Gleichwohl ist das Rätselraten um die Form des einstigen Einer-Weltmeisters groß. Seit seinem WM-Verzicht im Vorjahr hat Hacker lediglich eine Weltcup-Regatta bestritten. Kurz vor der geplanten WM-Generalprobe im Juli auf dem Luzerner Rotsee machten die lädierte Bandscheibe und der anschließende medizinische Eingriff die Aufbauarbeit zunichte. Die avisierte WM-Medaille rückt damit in weite Ferne. „Ich möchte zumindest den Platz für London absichern“, sagte Hacker voller Hoffnung auf eine dafür notwendige Platzierung unter den elf besten Skullern.

Mit solch bescheidenen Zielen mag sich der Achter nicht begnügen. Wer seit Peking 2008 ohne Niederlage ist, hat wenig Grund zum Unterstatement. Die historische Siegesserie, die an die glorreiche Zeit Ende der 80er Jahre erinnert, und die damit verbundene Favoritenlast empfindet Trainer Ralf Holtmeyer mehr als Anreiz denn als Last: „Mir ist es lieber, wir werden hoch gehandelt als schon vorher abgeschrieben.“

Bereits als WM-Siebter wäre der Titelverteidiger in London dabei und hätte gute Chancen, den blamablen letzten Platz von Peking 2008 vergessen zu machen. „Unsere bisherige Stabilität im vorolympischen Jahr werte ich als gutes Zeichen“, kommentierte Holtmeyer.

Nur der neue Zeitplan trübt die Vorfreude des Erfolgstrainers auf die WM. Weil der Weltverband FISA den olympischen Regatta-Ablauf testen will, findet das Achter-Finale auf dem Bleder See bereits am Donnerstag und nicht - wie bisher - als Höhepunkt zum WM-Ende am Sonntag statt. Zudem steigt das Halbfinale nur einen Tag zuvor. Diese Reform, die der Weltverband in der Hoffnung auf eine höherere Medienpräsenz umsetzte, verärgert Holtmeyer: „Das ist der Weg in den Untergang. Es ist doch aberwitzig, wenn der Höhepunkt einer Veranstaltung am ersten von vier Finaltagen stattfindet.“

Neben dem Achter werden den Doppelvierern der Frauen und Männer gute Goldchancen eingeräumt. Beide Boote siegten im Juli beim Weltcup-Finale. Die akzeptable Ausbeute vom Rotsee mit dreimal Gold und einmal Silber ist für Buschbacher der Gradmesser für Bled. Allerdings erhofft er sich ein besseres Abschneiden in der Breite. Noch in Luzern fand die Hälfte aller 14 Finals in den olympischen Klassen ohne DRV-Beteiligung statt. „Unser Hauptziel ist es, sich in zehn bis zwölf Bootsklassen für London zu qualifizieren“, sagte Buschbacher.

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