Fechter planen „nicht unbedingt“ mit WM-Medaillen

Düsseldorf (dpa) · Deutschlands Fechter haben London 2012 im Hinterkopf, aber die hohe Hürde der Weltmeisterschaften in Catania vor Augen: Das Weltchampionat vom 9. bis 16. Oktober auf Sizilien soll das Sprungbrett für die Olympia-Teilnahme werden.

„Es ist ein steiniger Weg. Aber den und das Projekt Olympia wollen wir erfolgreich gestalten“, sagt Manfred Kaspar, Sportdirektor des Deutschen Fechter-Bundes (DFeB). Vor der Reise Richtung Süditalien herrscht gespannte Gelassenheit bei Kaspar und seinem Team von 24 Athleten, das Olympiasiegerin Britta Heidemann (Degen), Florett-Titelverteidiger Peter Joppich und Degen-Europameister Jörg Fiedler anführen. Zusammen mit den bärenstarken Säbel-Assen um den ehemaligen Weltmeister Nicolas Limbach hat dieses Trio die wohl besten Erfolgsaussichten.

Kaspar nimmt bewusst den Druck von seinen Planchenkünstlern. „Medaillen sind für mich irgendwo ein Produkt, das passieren wird - aber nicht unbedingt für diese Weltmeisterschaften geplant ist.“ Der Fokus, so Kaspar, ist eindeutig: „Wir wollen die Qualifikation für die Spiele mit möglichst vielen Teams und Einzelfechtern erreichen.“

Auch Fecht-Präsident Gordon Rapp hält sich mit Prognosen zurück. „So viele Medaillen wie möglich - das ist klar.“ Ob es drei, vier oder fünf werden, „spielt nicht die ganz große Rolle“. In Paris 2010 waren es einmal Gold und zweimal Silber. Rapps Prämisse ist ein Platz unter den besten Vier in der Länderwertung: „Wenn wir das wieder erreichen, haben wir gute Chancen in der Olympia-Qualifikation.“

Um das Teilnahmerecht für London herrscht im Palaghiaccio di Catania Konkurrenzkampf pur. In den olympischen Team-Disziplinen (Herrenflorett/-säbel, Damendegen/-florett) qualifizieren sich nur die Nationen direkt, die zum 31. März 2012 auf den ersten vier Plätzen liegen. Bislang erfüllen von den Deutschen lediglich die Säbel-Experten diese Norm.

Alle anderen müssen bangen - und sich in Catania in Topform zeigen, weil es bei der WM um die doppelte Punktzahl - im Einzel gar um das Zweieinhalbfache - geht. Limbach und Co. dienen aktuell als Musterbeispiel für erfolgreiches Gebaren auf der Planche: „Wir gehen dorthin und fechten. Wir wollen den, der uns gegenüber steht, weghauen“ - Limbach, Säbel-Weltchampion von 2009, gibt verbal den Weg vor. „Wir sind nicht die Jungs die sich da Riesengedanken machen.“

Größte Sorgenkinder sind die Degendamen und die jahrelang erfolgsverwöhnten Florettherren, die in Catania allerdings wieder mit Olympiasieger Benjamin Kleibrink starten können. Kleibrink fiel wegen eines im April erlittenen Motorradunfalls lange aus, ist aber „wieder ganz normal im Geschäft. Ich habe keine Probleme mehr.“ Im WM-Titelkampf, der wegen der Olympia-Qualifikation doppelt wichtig wird, droht dem Team schon in der Runde der besten Acht Italien, und das wird laut Disziplin-Bundestrainer Ulrich Schreck „ein Brummer“.

Kleibrink will wieder attackieren - aber vorwiegend für die Mannschaft: „Das Selbstvertrauen ist da. Und wenn Peter Joppich und ich gut fechten, können wir das auch haben.“ Sollte es in Catania (noch) nichts wird mit dem großen Schritt gen London werden, „müssen wir die Kirche im Dorf lassen“. Immerhin gibt es auch nach der WM noch die Chance, das Olympia-Ticket zu ergattern. Doch das wird dann extrem schwer.

Das deutsche Aufgebot für die Fecht-Weltmeisterschaften in Catania:

Damendegen: Britta Heidemann (Leverkusen), Imke Duplitzer (Bonn), Monika Sozanska (Heidenheim), Ricarda Multerer (Heidenheim)

Damenflorett: Anja Schache, Carolin Golubytskyi, Katja Wächter, Sandra Bingenheimer (alle Tauberbischofsheim)

Damensäbel: Stefanie Kubissa (Dormagen), Alexandra Bujdoso (Koblenz), Anna Limbach (Dormagen), Anja Musch (Künzelsau)

Herrendegen: Jörg Fiedler (Leipzig), Martin Schmitt, Sven Schmid (beide Tauberbischofsheim), Stephan Rein (Heidenheim)

Herrenflorett: Peter Joppich (Koblenz), Sebastian Bachmann, André Weßels (beide Bonn), Benjamin Kleibrink (Tauberbischofsheim)

Herrensäbel: Nicolas Limbach, Max Hartung, Benedikt Wagner (alle Dormagen), Björn Hübner (Tauberbischofsheim)

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