Finale Party bei Rugby-WM in Neuseeland

Auckland (dpa) · Neuseeland befindet sich im Ausnahmezustand. Die Insel im Pazifik fiebert dem Finale der Rugby-WM entgegen. Die Partie zwischen den All Blacks aus Neuseeland und Frankreich beendet am Sonntag in Auckland nach mehr als sechs Wochen ein Mammut-Turnier.

Seit 24 Jahren hat das Urlaubsparadies im Pazifik auf das Spiel der Spiele im Eden-Park in Auckland gewartet. Zum zweiten Mal nach 1987 soll der Webb-Ellis-Cup in jenes Land gehen, dessen Markenzeichen Schafe, wunderschöne Landschaften und der Rugby-Sport sind. Die meisten der 4,3 Millionen Einwohner, die keinen Platz im Stadion ergatterten, werden um 21.00 Uhr Ortszeit (10.00 Uhr MESZ) wie gebannt die 80 Minuten Spielzeit beim Public Viewing oder am Fernseher verfolgen.

Der Kampf um das ovale Ei ist in Neuseeland Nationalsport. Die Vorbereitungen auf die landesweite Sieges-Sause laufen auf Hochtouren, eine Finalniederlage der All Blacks würde die Nation in kollektive Trauer stürzen. Gefeiert werden soll auf der Nord- und der Süd-Insel, in Farmhäusern auf dem Land und in den Pubs der Großstädte wie Auckland, Wellington oder Christchurch, wo nach dem verheerenden Erdbeben im Februar der Nachholbedarf an Jubelfesten besonders groß ist. Die WM-Spiele im beschädigten Stadion von Christchurch mussten in andere Orte verlegt werden.

Die Euphorie in der Bevölkerung ist nach sechs souveränen Siegen in sechs WM-Spielen riesengroß. Der furchteinflößende Maori-Tanz Haka, den die in schwarzer Kluft spielende Mannschaft vor jedem Match aufführt, hat seine Wirkung bisher nicht verfehlt. Das Team des 65 Jahre alten Trainers Graham Henry steckte sogar den Ausfall von Kultspieler Daniel Carter locker weg. Nach drei Vorrunden-Partien war für den Volkshelden die WM wegen einer Leistenverletzung beendet. Er musste sogar auf die Euphoriebremse treten. „Wir müssen auch das Unerwartete erwarten. Die Franzosen sind eine gefährliche Mannschaft“, warnte Carter.

Der vielleicht populärste neuseeländische Spieler seit der Rugby-Legende Jonah Lomu weiß, wovon er spricht. Bereits zweimal warfen die Franzosen die „Kiwis“ aus einem WM-Turnier. Deshalb war vor Beginn der sechseinhalbwöchigen Mammut-Veranstaltung mit einem Etat von 170 Millionen Euro die Skepsis in Neuseeland durchaus groß, ob es trotz des Heimvorteils zum zweiten Titel reicht. Zu oft hatte ein WM-Fluch auf den stets favorisierten All Blacks gelastet - diesmal müssen sie aber nicht allzu schwarz sehen. 293 Punkte und 39 Versuche sind als Top-Werte ein starker Qualitätsnachweis.

Frankreich steht zum dritten Mal nach 1987 und 1999 in einem WM-Finale. Doch wie „Les Bleus“ dorthin gekommen sind, wissen die Blauen, die den Gastgebern zuliebe im Endspiel in weiß antreten, wohl selbst nicht genau. Als erstes Team in der WM-Geschichte qualifizierte sich Frankreich mit zwei Vorrunden-Niederlagen für das Endspiel. Lediglich beim 19:12 im Viertelfinale gegen England deutete die Auswahl von Trainer Marc Lievremont das durchaus vorhandene Potenzial an. Zittern musste sie beim 9:8 im Halbfinale über Wales, das am Freitag im Spiel um Platz drei 18:21 gegen Australien verlor.

Für die meisten Experten sind die Europäer krasser Außenseiter. „Für mich haben die Franzosen jede Menge Glück gehabt. Das Können allein war nicht ausschlaggebend“, urteilte der deutsche Nationaltrainer Torsten Schippe. Beide Teams standen sich bereits 1987 im ersten WM-Finale gegenüber. Damals gewann Neuseeland mit 29:9, und als Folge der Siegesfeier stieg die Geburtenrate an. Die Zahl der Schafe geht übrigens seit Jahren stetig zurück.

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