Hambüchen ohne WM-Mehrkampf - glanzvoll am Reck

Tokio (dpa) · Am Reck in Topform, im Mehrkampf nicht dabei: Fabian Hambüchen wird bei den Turn-WM in Tokio nun voraussichtlich doch nicht an allen sechs Geräten starten.

Nachdem der Reck-Weltmeister von Stuttgart nach seiner Achillessehnen-Operation im Januar auch am Boden und Sprung wieder den Anschluss an die Weltspitze hergestellt hatte, glänzte er am Mittwoch beim einzigen Podiumturnen im Metropolitan Gymnasium vor allem wieder an seinem Schokoladengerät Reck. Doch beim Pauschenpferd wird der deutsche Vorturner nicht zum WM-Einsatz kommen.

„Ich bin am Pferd raus und hoffe auch, dass sich niemand mehr verletzt. Aber natürlich würde ich schon gern Mehrkampf turnen, obwohl meine Ansprüche durch die Verletzungspause nicht so hoch waren“, meinte Hambüchen nach dem stressigen Trainingsdurchgang in nur 1:40 Stunden. „Wir haben nominiert, aber wir setzen uns noch mal hin und durchdenken alles“, ließ Cheftrainer Andreas Hirsch im verregneten Tokio für Hambüchen noch eine winzige Hintertür offen.

Momentan ist klar, dass in Mehrkampf-Europameister Philipp Boy (Cottbus), Marcel Nguyen (Unterhaching) und überraschend auch Eugen Spiridonov (Bous) drei Deutsche in der Stunde der Entscheidung am Sonntag alle sechs Geräte bestreiten werden, maximal zwei von ihnen können ins Finale der besten 24 einziehen.

Einig sind sich alle deutschen Ausnahme-Turner, dass für sie in Tokio nur das Team-Resultat zählt, um sich gleich im ersten Anlauf für Olympia zu qualifizieren. „Es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn wir es nicht schaffen, unter die besten acht Teams zu kommen“, sagte der Cottbuser Philipp Boy, der eine Woche in Tokio unter Schlafstörungen zu leiden hatte.

Für die Verwirklichung des gemeinsamen Ziels wurden zuletzt auch alle Sticheleien der jüngsten Zeit zwischen Boy und Hambüchen ad acta gelegt. „Es macht wieder echt Spaß, Mitglied dieses Teams zu sein“, meinte Hambüchen, der jahrelang allein die Verantwortung für deutsche Turn-Medaillen trug, nun aber großartige Gesellschaft bekommen hat. Bereits im Vorjahr trat Philipp Boy mit dem Gewinn von WM-Silber in Rotterdam endgültig aus Hambüchens Schatten. Bei der EM in Berlin reihte sich auch der oft noch schüchterne Marcel Nguyen mit EM-Gold am Barren in die Reihe der deutschen Medaillen-Kandidaten ein.

„Die Leute motivieren mich, immer noch mehr aus mir herauszuholen, auch wenn es im Training mal nicht so läuft“, räumte Hambüchen ein. Mit seinem Reck-Titel 2007 hatte er die lange Titelflaute der deutschen Turner von zehn Jahren beendet. „Wir sind ein total cooles Team. Und wir haben wenig Lust, im Januar noch mal zur zweiten Quali anzutreten“, meinte Boy. Sollten beide Rivalen den Sprung ins Reck-Finale schaffen, dann kämpft natürlich wieder jeder für sich allein und auch gegen den anderen. „Egal, wie es ausgeht, aber ein böses Wort wird auch danach nicht fallen“, ergänzte der Lausitzer.

Alle Animositäten der Vergangenheit scheinen vergessen, sicher auch ein Verdienst von Chefcoach Hirsch. „Wir haben mehrere Gespräche geführt und klargemacht, dass jeder seine persönlichen Ziele nur erreichen kann, wenn jeder für den anderen kämpft und bereit ist, den nötigen Respekt zu erweisen. Der Star ist die Mannschaft, nicht der Einzelne“, meinte der Berliner, der seinen Männern nun erst mal Ruhe verordnet: „So etwas wie heute kann man nicht dreimal machen, dann sind wir tot.“

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