Laufwein für Abstinenzler
Die weinfröhliche Stimmung trieb die Kenianerin Joan Massah Cherop und den Norweger Tommy Berland-Laitinen zum Kröver Mitternachtslauf-Sieg, doch ob sie den gewonnen Wein jemals selbst aufbrauchen werden, steht in den Sternen.
Kröv. Nein, so etwas hätten sie noch nicht erlebt, sagen Joan Massah Cherop und Christine Chepkemei unisono. Etwas verschüchtert stehen die beiden Kenianerinnen im Ziel des Kröver Mitternachtslaufs und warten auf das große Abschlussfeuerwerk. Wie die Kenianerinnen an die Mosel kamen? "Wir hatten Langeweile zu Hause", nennt Volker Wagner aus Detmold als Grund für die lange Anreise. Materiell lukrativ ist der Mitternachtslauf weder für den Manager noch für seine Athletinnen. Es sei denn, sie würden mit Wein handeln.
Davon erhält Joan Massah Cherop nämlich mehr als genug: Sie wurde in einem halben Weinfass kauernd mit Rebensaft aufgewogen. 65 Flaschen "Kröver Nacktarsch" gehören nun der 20-Jährigen aus Ostafrika, die eher den Eindruck eines 45-Kilogramm-Persönchens macht. "Ich trinke eigentlich keinen Wein", gibt Cherop etwas verlegen zu.
Mit einem Trainingslauf entschieden die beiden Kenianerinnen den Hauptlauf des 26. Kröver Mitternachtslaufs über 9,4 Kilometer in 35:20 Minuten für sich. Cherop lag nur Sekundenbruchteile vor ihrer Landsfrau. Mehr kämpfen um seine 80 Flachen Wein musste Tommy Berland-Laitinen, der in 29:45 Minuten als einziger Läufer unter einer halben Stunde blieb. Lange Zeit hatte der Norweger mit Julian Ziob (30:14) und Alexander Goßmann (30:19, beide Düsseldorf) hartnäckige Begleiter. "Ich wollte nicht zu schnell anfangen. Im letzten Berg hatte ich dann ein bisschen schneller gemacht und die anderen waren weg", erzählt Berland-Laitinen, der Kröv nun fest in seinen Jahresplan aufnehmen möchte: "Das ist wirklich ein schöner Lauf. Die vielen Menschen am Streckenrand, das hat mir gefallen." Ob er seinen Weinvorrat jemals aufbrauchen wird, daran zweifelt auch der 27-Jährige. "Ich habe jetzt Wein für viele Jahre."
Mehr Verwendung für den Rebensaft hätten wohl die Sieger des sogenannten "Laufs der Junggebliebenen", der Senioren ab 40 Jahre (ebenfalls 9400 Meter, aber bereits um 22 Uhr) gehabt. Bei den Männern gewann Markus Riefer (Hanau/30:53 Minuten) die Deutsche-Meisterschafts-Revanche gegen den deutschen M45-Vizemeister Jörg Alff von der LG Vulkaneifel (31:22) deutlich. "Es sah wohl leichter aus, als es war", sagte Riefer, der vor drei Jahren schon einmal schnellster Senior war.
Obwohl der Junggebliebenen-Lauf der teilnehmerstärkste der sieben Mitternachtslauf-Wettbewerbe ist, werden die Senioren nicht in Wein aufgewogen. Insgesamt rund 1000 Läufer kamen zum 26. Kröver Nachtlauf.
Splitter
Ehe hält: 2009 feierten Petra und Uwe Plaschke beim Kröver Mitternachtslauf ihre silberne Hochzeit. Auch im ersten Jahr des zweiten Vierteljahrhunderts hält ihr Gelübde. Das Paar lief wieder mit. Mitternachtslauf-Springprozession: Schon die Schnapszahl-Startnummer 777 war etwas Besonderes, erst recht die Fortbewegungsart von Roseline Schnitzius. Nein, sie übe nicht für die Echternacher Springprozession, der Mitternachtslauf mache einfach so viel Spaß, deshalb hüpfe sie die Strecke, sagte die 55-Jährige aus Bruchmühlbach. Gewinnen an der Mosel, Schlafen in der Eifel: Einen Schlafplatz im Moseltal hätte M45-Sieger Jörg Alff bestimmt gefunden. Seine Mutter stammt aus Reil, unweit von Kröv. Doch nach der Siegerehrung für seinen ersten Platz bei den 45- bis 49-Jährigen zog es den deutschen Senioren-Vizemeister wieder in die Eifel nach Prüm. Mitternachtslaufzahlen: Rund 90 000 Teelichter beleuchteten in 25 Jahren Kröver Mitternachtslauf den knapp drei Kilometer langen Rundkurs durch den Weinort. Etwa 300 Helfer der Kröver Vereine, von Feuerwehr, Sanitätsdienst und Polizei sorgten für einen reibungsfreien Ablauf. Aufatmen beim Turnverein-Chef: "Ich bin sehr froh, dass der Mitternachtslauf gut über die Bühne ging", sagte Stefan Hahn. Der Vorsitzende des TV Kröv lag wenige Tage vor der Veranstaltung noch mit einer schweren Erkältung im Bett, am Samstagabend war er aber bei der Siegerehrung dabei. (teu)