Moculescu: „Das Alter hat eine begnadete Eigenschaft“

Friedrichshafen (dpa) · Stelian Moculescu ist eine Rarität im deutschen Volleyball. Kaum jemand kann Erfolge wie der Coach des VfB Friedrichshafen vorweisen, kaum jemand ist so leidenschaftlich wie er. Der 62-Jährige sagt: Das Feuer brennt immer noch.

Nur mit dem Nötigsten im Gepäck verlässt Stelian Moculescu am frühen Morgen des 11. September 1972 das Olympische Dorf in München. Er trägt nicht viel bei sich. Handtuch, Socken, Rasierzeug - viel mehr passt nicht in seine kleine Sporttasche. So erzählt es der heute 62-Jährige immer wieder.

Kurz zuvor hat er noch als Spieler mit Rumäniens Volleyballern Platz fünf bei dem Großereignis erreicht. Aber an diesem Morgen reicht es Moculescu, der heute zu den schillerndsten Trainern im europäischen Volleyball zählt. Er setzt sich ab.

„Ich habe in den 60er Jahren noch die schönste Zeit in Rumänien erwischt“, erzählte Moculescu der Nachrichtenagentur dpa. „Ich hatte eine unbekümmerte Jugend. Wir hatten unseren Sport, die Mädels - das war einfach schön, es war eine wunderschöne Zeit.“

Der Alltag im sozialistischen Rumänien machte Moculescu aber immer mehr zu schaffen. „Du musstest sehr vorsichtig sein, mit ganz großen Ohren und ganz großen Augen herumgehen“, sagte der in Kronstadt geborene Coach des Bundesligisten VfB Friedrichshafen. „Du durftest dich politisch nicht falsch äußern. Dir ist nichts geschenkt worden.“

In Bayern findet er eine neue Heimat und seine spätere Frau Gabriele. Er jobbt zunächst auf dem Bau, für damals 725,45 Mark im Monat und arbeitet sich schließlich hoch. „Meine erste Begegnung mit München war überwältigend“, sagte Moculescu mit seinem markanten bayerischen Dialekt. „Ich bin in diese Stadt hinein, sie war sauber, diese Bilder habe ich heute noch nach 40 Jahren in meinem Kopf. Ich fühlte mich mit der Stadt seelenverwandt.“

Sein Ehrgeiz bringt Moculescu an die Spitze. 18 deutsche Meistertitel feiert er unter anderem mit dem ASV Dachau und TSV Milbertshofen. 2007 gelingt ihm mit Friedrichshafen sogar das historische Triple aus Meisterschaft, Pokal und Champions League. 2008 führt er bei seinem Abschied als Nationaltrainer noch die deutschen Männer nach Peking - 36 Jahre nach dem letzten Auftritt der deutschen Volleyballer bei Sommerspielen.

„Er ist einer der besten, wenn nicht der beste Trainer Europas“, beschrieb ihn einmal Mihai Paduretu, der als Coach von Ligarivale Generali Haching die Qualitäten seines Konkurrenten kennt.

„Niederlagen bereiten mir Schmerzen. Ich mag es einfach nicht, zu verlieren“, meint Moculescu, der für seine Wutausbrüche berüchtigt war. „Ich kann mich heute auch noch ärgern und mein Sakko ausziehen, aber es dauert eben ein bisschen länger“, erzählt er. „Das Alter hat eine sehr begnadete Eigenschaft: Man wird ruhiger. Man wird vielleicht auch ein bisschen gütiger, sieht alles nicht mehr so eng. Das heißt aber nicht, dass das Feuer nicht mehr so brennt.“

Moculescu verlangt sich und seinen Spielern viel ab. In dieser Saison hat der VfB nach Platz drei und dem Aus in der Champions League noch viel Luft nach oben. „Wir haben erst sehr spät zueinander gefunden, die Feinabstimmung in der Truppe hat etwas länger gedauert“, analysiert der leidenschaftliche Vater und Großpapa. „Wir sind aber auf einem guten Weg.“

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