Piri & Richie: Ein Rugby-Duo als Heilsbringer

Auckland (dpa) · Zwei Rugby-Rüpel als Heilsbringer einer ganzen Nation: Die Stars Piri Weepu und Richard „Richie“ McCaw werden dieser Tage in Neuseeland wie Halbgötter gefeiert.

Doch der Druck, der auf ihnen lastet, ist riesig. Am Sonntag müssen sie vor eigenem Publikum den WM-Titel nach dem Sieg bei der ersten WM 1987 und 24 langen Dürre-Jahren endlich wieder holen. Obwohl es im Finale gegen Angstgegner Frankreich geht, feiern Medien und Fans schon im Voraus die Wiederherstellung des Nationalstolzes im rugbyverrückten Kiwiland. Doch McCaw warnt: „Noch ist nichts gewonnen.“

In den Reihen der „All Blacks“, sogenannt wegen ihrer durchgehend schwarzen Kluft, gibt es zwar viele Volkshelden. Kultstatus genießt etwa Dan Carter. Der 29-Jährige, einer der besten Aufbauspieler der Welt, musste aber mitten im Turnier verletzt das Handtuch werfen. Doch so viele Tragödien, Kritik und Verletzungspech wie Piri & Richie musste keiner überstehen, niemand hat so schöne Erfolgsgeschichten.

Der 28-jährige Weepu ist ein Fall für sich: Jahrelang wurde er als undiszipliniertes Dickerchen verhöhnt. Wegen „körperlicher Defizite“ verpasste er die WM 2007. Nach einer Schlägerei wanderte er einmal sogar hinter Gitter. Sein Aufstieg ist nun aber kometenhaft: Kurz vor der WM galt er noch als Joker. Doch nach Carters Ausscheiden übernahm der vollbärtige 1,78-Meter- und 100-Kilo-Mann das Kommando. Er glänzte prompt als zuverlässiger Kicker und auch beim Spielaufbau.

Damit nicht genug: Piri gibt auch beim traditionellen Ritualtanz Haka vor den Spielen als Vorsänger den Ton an. Der vom Maori-Volk stammende Weepu geriet nicht einmal aus der Fassung, als mitten im Turnier sein Opa starb. Fans und Medien sind aus dem Häuschen. „Von Ersatz zum Superman“, jubelte der TV-Sender „3news“. Auf Facebook wurde eine Gruppe „Piri for Prime Minister“ gegründet, die vor den November-Wahlen schon Tausende Fans hat.

Weepu ist einer von sechs Kandidaten des Weltverbandes IRB für die Wahl des Spielers des Jahres. Diesen Titel hat McCaw als einziger schon drei Mal gewonnen (2006, 2009, 2010). Trainer Graham Henry lobt seinen Kapitän: „Richie ist unglaublich mutig, trickreich und intelligent. Er inspiriert alle Teamkollegen und alle Neuseeländer.“ Der elegante rechte Flügelstürmer ist aber nicht unumstritten. Vor allem die Gegner beschimpfen den 30-jährigen Modellathleten oft als „Betrüger“, der wie kein Zweiter die Schiedsrichter zu beeinflussen wisse. „Man muss alles ausnutzen“, räumt der Flügelstürmer ein.

McCaw weiß, dass er Sonntag im Eden Park von Auckland sein Team zum Sieg führen muss, um seine Karriere zu krönen. „Erst mit dem Titel kann ich stolz sein“, sagte er. Eine Schlappe gegen Frankreich, das die „All Blacks“ bei zwei Turnieren ausknockte, käme in dem Land, in dem Rugby sogar in Kirchenbildern (u.a. Jesus im schwarzen Trikot) präsent ist, einer Katastrophe gleich. Bei einem Sieg könnte man auch für „Nachwuchs“ sorgen. Nach dem WM-Triumph 1987 waren die Neuseeländer nämlich derart happy, dass es neun Monate später im ganzen Land einen Baby-Boom gab.

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