Pistorius, Zanardi, Wyludda - Paralympics der Stars

London (dpa) · Die Paralympics treten aus dem großen Schatten von Olympia heraus. Die Jahrzehnte der No-Name-Athleten bei Behindertenspielen sind vorbei.

Die Stars der 14. Paralympics in London sind schon vor der ausverkauften Eröffnungsfeier am Mittwoch bekannt: Oscar Pistorius mit seinem viel diskutierten Doppelstart, der frühere Formel-1-Pilot Alex Zanardi bei seinem Comeback im Handbike und Olympiasiegerin Ilke Wyludda mit dem Diskus.

Das Fernsehen will so viel berichten wie niemals zuvor, die Tickets sind heiß begehrt. „Die Welt hat in Peking begonnen, die Paralympics wahrzunehmen, in London geht's jetzt richtig los“, sagte Philip Craven, Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) der BBC. „Es sind mehr als zwei Millionen Eintrittskarten verkauft worden, das zeigt die Wahrnehmung von Behinderten in der Mitte der Gesellschaft“, ergänzte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes. 4200 Athleten treten beim weltweit zweitgrößten Sportfest an elf Wettkampftagen bis zum 9. September an.

„Die internationale Professionalisierung geht schneller voran als uns lieb ist, so dass wir manchmal denken, nicht mithalten zu können“, gibt Beucher zu. Während die Briten mit einer Finanzspritze in den Leistungssport der Behinderten von 60 Millionen Euro in der Nationenwertung endlich an China vorbeiziehen wollen, könnte das junge deutsche Team mit Achtungserfolgen auf sich aufmerksam machen. Schlechter als Platz elf von Peking 2008 soll es aber nicht werden.

„Wir haben uns in eine der Spitzenpositionen gearbeitet, es ist alles drin“, sagte Basketballerin Edina Müller. Nach Silber in Peking und dem Europameistertitel soll nun Gold folgen. Auch die zuletzt formstarken Männer könnten überraschen.

Mit 150 Athleten und 100 Betreuern ist das deutsche Team um 20 kleiner als vor vier Jahren. Die bekanntesten sind die mehrfachen Siegerinnen Marianne Buggenhagen und Schwimmerin Kirsten Bruhn (42). Nach ihrem Rücktritt vor vier Jahren gibt die 59-jährige Buggenhagen ihr Comeback im Kugelstoßen und will auch bei ihren sechsten Paralympics nach Edelmetall greifen. „Sie nimmt den jungen Leuten keinen Platz weg, dann sollen die Jungen erstmal besser sein“, betonte Delegationsleiter Karl Quade.

Talente wie die 22-jährige Vanessa Low, Weltmeisterin im Weitsprung von 2009, stehen für die junge Generation. Zusammen mit ihrem Freund Markus Rehm (24), der 2011 den Weltrekord im Weitsprung auf 7,09 schraubte, will die von Steffi Nerius trainierte Leverkusenerin bei ihrem Debüt ganz vorn landen.

Wojtek Czyz und Heinrich Popow werden den Hype um „Blade Runner“ Pistorius in ihren Lauf-Disziplinen miterleben. Prothesen-Sprinter Pistorius aus Südafrika war bereits bei Olympia im Fokus der Aufmerksamkeit, nachdem er sich die Teilnahme an Titelkämpfen der Nichtbehinderten und Olympischen Spielen vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) erstritten hatte.

Auch den Auftritt des Italieners Zanardi in London dürfte einiger Rummel begleiten. Er hatte 2001 bei einem Unfall in einem ChampCar-Rennen auf dem Lausitzring beide Beine verloren. Inzwischen gehört er zu den Top-Athleten im Rollstuhl.

Im deutschen Team gehört die erste Ehre der blinden Schwimmerin Daniela Schulte. Die Berlinerin darf bei ihren vierten Spielen die Fahne ins Londoner Olympiastadion führen. Wie bei Olympia wird es auch einen zentralen Treffpunkt der deutschen Mannschaft geben - den „German Paralympics Club“ in den Docklands. Offen ist nur noch, wie oft der Club zur Partyzone für Medaillengewinner wird.

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