Polo: Ein Spiel mit schnellen Pferdestärken

Oberursel (dpa) · Polo gilt als elitärer Sport, der vor allem in England sehr beliebt ist. In Deutschland ist das rasante Spiel zu Pferde weitgehend unbekannt. Das soll sich nach dem Wunsch der wenigen Spieler ändern.

Mit gestrecktem Körper galoppiert das flinke braune Pferd über die große Wiese bei Oberursel im Taunus. Auf ihm sitzt ein Mann in dreckigen weißen Hosen, braunen Knieschützern, einer Art Tropenhelm auf dem Kopf und einem eineinhalb Meter langen Holzschläger in der rechten Hand. Er holt weit mit dem Schläger aus und drischt aus vollem Tempo auf den acht Zentimeter großen Plastikball, der auf dem Boden liegt. „Das könnte der Ausgleich werden!“, schreit der Kommentator ins Mikrofon. Die Zuschauer am Rand der Wiese halten den Atem an. Der Ball fliegt hoch zwischen zwei schwarz-weißen Säulen hindurch: Tor!

Polo heißt dieses rasante Ballspiel zu Pferde. Bereits vor 2600 Jahren sollen persische Herrscher ihm verfallen sein. Britische Offiziere brachten den Sport Mitte des 19. Jahrhunderts von Indien mit nach England, wo auch die Mitglieder des Königshauses zur riesigen Fangemeinde zählen - inklusive Thronfolger Prinz Charles und dessen Söhne William und Harry.

In Deutschland ist das Interesse an dem Sport, der nicht nur zu Pferde, sondern auch auf Fahrrädern, Kamelen und sogar Elefanten ausgeübt werden kann, dagegen gering. „Wir haben 250 registrierte Spieler“, sagt Christopher Kirsch aus Hamburg. Er ist deutscher Meister, Kapitän der deutschen Nationalmannschaft, Veranstalter des dreitägigen Turniers und - wenn er nicht gerade selber reitet - auch der Kommentator.

Kirsch möchte, dass Polo auch in Deutschland endlich populärer wird. „Wir wollen von dem Elitären weg, es soll ein Sport zum Anfassen sein“, betont der 43-Jährige. Doch Polo ist nicht ein Sport für Jedermann, denn der Aufwand und die Kosten sind enorm. Die Spieler benötigen mehrere Pferde, die guten Tiere kosten laut Kirsch ab 7000 Euro aufwärts.

Der Hamburger hat acht Polopferde, das älteste ist stolze 21 Jahre alt, die alle täglich trainiert werden müssen. Sie brauchen viel Futter, viel Pflege, teure Ausrüstung, regelmäßig neue Hufeisen und ab und zu eine Behandlung beim Tierarzt.

Die 16 Turnier-Teilnehmer mit ihren 60 Pferden kommen aus Deutschland, Brasilien und Argentinien. Am Spielfeldrand stehen mehrere hundert Besucher in legerer und nicht ganz billiger Freizeitkleidung. Mit Rufen wie „Boah, sind die schnell!“ oder „Wahnsinn“ kommentieren sie das Spiel. In den Pausen treten sie auf der Wiese die beim Spiel herausgerissenen Grasstücke wieder ein - so will es die Tradition.

Die Strapazen für die Pferde während eines Spiels sind enorm, deshalb dauert ihr Einsatz auch nur kurz. Nach jedem siebeneinhalb Minuten dauernden Spielabschnitt - die Fachleute reden von „Chukkers“ - werden die Pferde ausgetauscht. Die erschöpften Tiere brauchen mehrere Minuten, bis sie wieder ruhig atmen.

In den siebeneinhalb Minuten des kämpferischen Spiels in Teams zu je vier Reitern müssen sie schnell und wendig, dürfen aber auf keinen Fall empfindlich sein. Da wird heftig gedrängelt, die Schläger sausen an den Pferdeköpfen vorbei, die Reiter hängen seitlich am Pferderumpf und auch schon mal unter dem Hals des Tieres. Aus dem Stand wird im rasanten Tempo losgaloppiert und ebenso abrupt gehalten. Für feinfühliges Reiten hat beim Polo keiner Zeit. „Ein Ruck im Maul, dann steht der Gaul“, lautet die Devise.

Kirsch erzählt, dass ein Spiel sofort unterbrochen wird, wenn sich bei einem Pferd auch nur eine Bandage am Bein löst. Stürzt ein Reiter, ist das für den Schiedsrichter dagegen nicht unbedingt ein Grund zum Abpfeifen. „Das liegt daran, dass sich manchmal Reiter vom Pferd gestürzt haben, um eine Pause zu erzwingen“, sagt Kirsch. Und dann schwingt er sich wieder auf seinen Vierbeiner und jagt im Galopp dem Ball hinterher.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort