Rasende Sibylle Klemm überwältigt von EM-Bronze

Leipzig (dpa) · Lange hat es gedauert, bis eine deutsche Säbelfechterin bei einem internationalen Top-Ereignis wieder einmal im Rampenlicht stand. Sibylle Klemm hat es geschafft: EM-Bronze in Leipzig machte die junge Frau aus dem Schwabenland baff.

Sibylle Klemm hatte es eilig. Erst auf der Planche, dann im Auto. Reihenweise fertigte die 26-Jährige aus der Märklin-Stadt Göppingen ihre Gegnerinnen ab, gewann in Leipzig mit Bronze erstmals seit Sandra Benad 2001 (Silber) wieder eine EM- Säbelmedaille für den Deutschen Fechter-Bund (DFeB). „Ich versteh's nicht genau. Hammer. Ich bin überwältigt“, waren ihre ersten Worte.

Doch Sibylle Klemm musste ihre Fassung ganz schnell wiederfinden. Nach der Tortur eines Zwölf-Stunden-Tages in der Leipziger Arena und den Pflicht-Interviews nach ihrem Überraschungs-Coup warteten in der Nacht 350 Autobahnkilometer auf die BWL-Studentin, die für den FC Tauberbischofsheim startet.

Noch am Abend ihres größten Erfolgs klemmte sich die junge Frau hinters Steuer und fuhr nach Würzburg. An der dortigen Fachhochschule stand einen Tag nach ihrem Triumph eine wichtige Klausur auf dem Programm: Denn vom Fechten allein kann Sibylle Klemm nicht leben, das Studium als Basis eines späteren Berufs muss sie mindestens genauso ernsthaft betreiben wie ihren Sport.

Doch erst einmal genoss sie das, was ihr in der Sachsen-Metropole an Schönem widerfuhr, in vollen Zügen. Direkt nach dem Sieg im Viertelfinale über Titelverteidigerin Olga Charlan (Ukraine) rief sie zu Hause an, verkündete via Handy die Bronze-Botschaft: „Und meine Eltern haben gejubelt, obwohl sie es zuerst gar nicht richtig glauben wollten.“

Doch es war Realität. Und es hätte durchaus mehr werden können. Denn gegen die spätere EM-Zweite Sophia Welikaja aus Russland führte die deutsche Außenseiterin schon 8:5, ehe sie Fracksausen bekam und nur noch zwei Treffer zum 10:15 setzen konnte. Egal, die Endorphine strömten durch Sibylle Klemms Körper: „Da war riesige Freude. Der Kopf war frei, ich konnte fechten, wie es mir gepasst hat.“

So einfach geht das, doch Wettkampftag war trotzdem ein Gewaltakt, nicht nur für die EM-Dritte. Morgens früh um Acht kreuzten Degenfechter und Säbeldamen die erste Klinge, die Finals fanden zwischen 20 und 21 Uhr statt - eigentlich eine Zumutung. „Ich bin auch nur ein kleines bisschen müde“ - Sophia Welikajas ironischer Unterton ist den Organisatoren gewiss nicht entgangen.

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