100 Jahre für die Fitness
Trier · 843 890 Menschen haben 2012 das Deutsche Sportabzeichen erworben. Die einzige als Orden anerkannte Sportauszeichnung ist 100 Jahre alt und bekommt zum Geburtstag eine grundlegende Reform. An der scheiden sich die Geister.
Trier. Die wohl größte Reform stellt den Fitnessorden an seinem 100. Geburtstag vor große Herausforderungen. Nicht mehr in fünf, sondern nur noch in vier Blöcken werden Leistungsnachweise erwartet. Schwimmen, nach einer Statistik die zweitbeliebteste Freizeitsportart der Deutschen (nach Radfahren und vor Laufen), muss man nicht mehr unbedingt. "Da hat der Schwimmverband gepennt", hört man hinter vorgehaltener Hand.
Die Reform des Sportabzeichens - auch Tummelplatz, wenn es für Sportverbände darum geht, ihre Positionen zu sichern oder auszubauen. Das war schon 1913 so. Die ersten Sportabzeichen wurden "Auszeichnung für vielfältige Leistungen auf dem Gebiet der Leibesübungen" genannt, um den mächtigen Turnverband mit seiner ähnlich lautenden Ehrung nicht zu verärgern.
Trendsportarten kommen hinzu
In den vergangenen Jahrzehnten gab es immer wieder kleine Änderungen und Ergänzungen an den Sportabzeichen-Prüfbedingungen. Beispielsweise wurde Inline-Skating aufgenommen, als diese Sportart in den 1990er Jahren beli ebt wurde. Der Disziplinkatalog wurde so immer größer und unübersichtlicher. In manchen Disziplinen schienen zudem den Anforderungen höher zu sein als in anderen.
Für Walter Schneeloch war eine Sportabzeichen-Reform deshalb unbedingt notwendig. "Nehmen wir den Leistungskatalog: Hier wurde über Jahrzehnte hinweg durch eine Vielzahl an Anpassungen und Veränderungen die klare Positionierung des Deutschen Sportabzeichens verwässert. Die sportwissenschaftliche Stringenz der Anforderungen blieb dabei ebenfalls auf der Strecke", sagte der für den Breitensport zuständige Vizepräsident des Deutschen Olympischen Sportbunds in einem Interview.
Mit der Reform orientieren sich die Bedingungen nun an den vier motorischen Grundfähigkeiten Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft und Koordination. Diese werden jeweils mit unterschiedlichen Übungen aus der Leichtathletik, dem Radsport, Schwimmen und Turnen überprüft. Man hat in jeder Anforderungsgruppe weiterhin die Wahl zwischen mindestens vier Disziplinen. Schwimmen kann, muss man aber nicht mehr zwingend. Nur der Nachweis, dass man schwimmen kann, wird verlangt. Für einen Erwachsenen bedeutet das 15 Minuten Dauerschwimmen. Dieser Nachweis gilt fünf Jahre.
Maria Keßler sieht in der Reform eine Chance für das Sportabzeichen. "Für mich ist das eine interessante Sache", sagt die Sportabzeichen-Prüferin vom VfL Hillesheim. So biete der Geländelauf, bei dem es nur auf die gelaufene Zeit ankommt, bessere Möglichkeiten für Gruppen. Kindgerechter ist auch der Zonenweitsprung als mögliche Übung zum Nachweis der koordinativen Fähigkeiten. Dabei wird nicht die exakte Weite gemessen, sondern pro erreichter Zone werden Punkte vergeben. Diese werden addiert. Dass die Kinder dabei zweimal mit dem li nken und zweimal mit dem rechten Bein abspringen müssen, findet Keßler gut für die Entwicklung.
Organisatorische Probleme sieht dagegen Matthias Kapp bei dieser Regelung. Der 80-Jährige hat die TG Trier zu dem Verein mit den meisten Sportabzeichen-Prüfungen im Sportbund Rheinland gemacht (2012: 418). Wie solle man in einer großen Gruppe den Überblick behalten, welches Kind wie oft mit welchem Bein abgesprungen sei, fragt Kapp.Extra
Es gibt vier Bereiche (Ausdauer, Schnelligkeit, Kraft, Koordination), in denen ein Leistungsnachweis erbracht werden muss Disziplinen aus den Sportarten Turnen, Leichtathletik, Schwimmen und Radfahren Der Schwimmnachweis nur noch alle fünf Jahre erforderlich Drei Stufen Gold, Silber, Bronze, die je nach Leistung vergeben werden teu