Handicapsport Der Adler auf der Brust verleiht Flügel

Athlone/Biersdorf · Rennrollstuhlfahrerin Julia Würthen aus Biersdorf wird in Irland U20-Vizeweltmeisterin über 100 Meter und holt zweimal Bronze.

 In spannenden Wettkämpfen zeigte Julia Würthen einmal mehr ihre Klasse im Rennrollstuhl.

In spannenden Wettkämpfen zeigte Julia Würthen einmal mehr ihre Klasse im Rennrollstuhl.

Foto: Julia Würthen

Rennen gefahren ist Julia Würthen trotz ihrer gerade einmal 16 Jahre schon viele. Auch aufs Siegerpodest ist die Rennrollstuhlfahrerin aus Biersdorf am See schon etliche Male gerollt. Aber die Zeremonien bei den IWAS Youth Games im irischen Athlone, den Nachwuchs-Weltmeisterschaften des internationalen Rollstuhlsportverbands, beeindruckten Würthen sehr. „Mit dem Adler auf der Brust in einem fremden Land die eigene Nationalhymne zu hören ist schon was ganz Besonderes“, sagt die Schülerin, die mit Spina bifida (umgangssprachlich „offener Rücken“) geboren wurde und auf den Rollstuhl angewiesen ist.

In allen drei Wettbewerben, über 100 Meter, 200 Meter und 400 Meter, schaffte es Würthen bei den Unter-20-Jährigen (U20) unter die besten Drei der Startklasse T53. „Es waren super spannende Wettkämpfe, bei denen ich viele Erfahrungen in Kämpfen Rad an Rad sammeln konnte“, erzählt sie. Überfliegerin in ihrer Klasse war zwar die zwei Jahre jüngere Merle Marie Menje aus Singen, die alle drei Sprintstrecken und auch über 800 Meter gewann, allerdings auch der Klasse T54 mit weniger Beeinträchtigung zugeordnet ist. Die Klassen wurden in Athlone allerdings gemeinsam gewertet, indem die erzielten Zeiten in Punkte umgerechnet wurde.

Über 100 Meter verpasste Würthen in 20,67 Minuten den Sprung unter die 20-Sekunden-Schallmauer und damit in den Bereich ihres eigenen deutschen Rekords (19,74) nur knapp. Das Resultat bedeutete die Vizeweltmeisterschaft für das Mädchen aus der Eifel. Über 200 Meter (39,02 Sekunden) und 400 Meter (1:18,82 Minuten) schob sich jeweils die US-Amerikanerin Eva Nicole Houston zwischen die beiden Deutschen. Auf der halben Stadionrunde verpasste Würthen dabei den Silberplatz nur um 28 Hundertstelsekunden.

Mit 16 Gold-, neun Silber- und elf Bronzemedaillen belegte das deutsche Team den zweiten Platz in der Nationenwertung. Der Adler auf der Brust verlieh auch auf der Kunststoffbahn Flügel. Leistungsförderlich wirkte sich auch die gute Stimmung im 15-köpfigen Team aus. „Jeder hat jedem geholfen, gepusht, gefeiert und auch mal getröstet“, erzählt Julia Würthen, die auch nicht vergisst, dass nicht nur sie trainieren muss, sondern auch viele andere Menschen dabei helfen, dass sie ihren Sport so ausüben kann: „Ein dickes Dankeschön an alle, die mich so toll unterstützt und mir die Daumen gedrückt haben.“

Dass Sportler mit Beeinträchtigung dabei manche Klippe mehr umschiffen müssen, als „normale“, zeigte sich laut Vater Thommy Würthen bei der Anreise nach Irland, Julia Würthens bisher längster Wettkampfreise: „Der Transport der empfindlichen Sportgeräte im Flugzeug gestaltete sich weitaus schwieriger, als erwartet“, erzählt er. Manche Teile der Wettkampf-Ausstattung kamen erst um Tage verspätet und teilweise sogar beschädigt an. Nerven behalten war angesagt.

 Dreimal Edelmetall: Diese stolze Ausbeute erzielte Julia Würthen bei der Nachwuchs WM in Irland.

Dreimal Edelmetall: Diese stolze Ausbeute erzielte Julia Würthen bei der Nachwuchs WM in Irland.

Foto: Holger Teusch

Für Julia Würthen heißt es nach der WM nicht endlich Ferien, sondern weiter trainieren. Denn bereits Anfang August sind im schweizerischen Arbon die nächsten Wettkämpfe auf dem Programm.

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