Alles dreht sich um das Schweinchen

Trier · Wer es bei seinen Freizeitsport-Aktivitäten im Sommer ruhiger angehen lassen will als beim Ultimate Frisbee (TV vergangene Woche), ist beim Pétanque richtig. Die wettkampforientierte Variante des Boule (übersetzt: Kugelsportart) gewinnt in allen Altersschichten verstärkt Anhänger. Gefragt sind Konzentration, Präzision und strategisches Denken.

 Das Spielgerät will ordentlich gepflegt sein: Hanspitt Weiler befreit eine Pétanque-Kugel von störendem Staub. TV-Foto: Friedemann Vetter

Das Spielgerät will ordentlich gepflegt sein: Hanspitt Weiler befreit eine Pétanque-Kugel von störendem Staub. TV-Foto: Friedemann Vetter

Trier. Nach einer halben Stunde Spielzeit ist Schluss mit lustig. Schießen soll ich. Also mit meiner Kugel die gut platzierte Kugel des Gegners mit einem Wurf ins Abseits befördern. Die hohe Kunst des Pétanque. Auf geht\'s in den Wurfkreis. Die 690 Gramm schwere Metallkugel liegt fest in der rechten Hand, die Handfläche ist nach unten gewandt. Ich nehme Maß, hole aus - und hoffe. Klack!

Wie gewünscht kommt es zur Kollision beider Kugeln. Aufgabe erfüllt. Und wie! "Super, ein carreau sur place", ruft Teamkollegin Sandra Pfeffer, Vorsitzende des Boule-Clubs Trier. Carreau sur place, frei übersetzt heißt das Volltreffer: Meine Kugel hat nicht nur die gegnerische aus dem Spiel genommen, sondern ist auch noch an deren Stelle liegen geblieben. Eine Aktion wie ein Ass im Tennis. Oder das Einlochen des Abschlags im Golf.
Die Reportage "Sport im Sommer"


Bei mir ist es reines Anfängerglück. Das Erfolgserlebnis tut gut. Pétanque ist ein Sport, in dem sich schnell Fortschritte einstellen. Das Spiel, vor mehreren hundert Jahren in Frankreich entstanden, lebt von der Geselligkeit. Gleichzeitig ist Konzentration Trumpf. Ohne Umschweife bekomme ich beim Trainingsbesuch auf dem Bouleplatz am Domfreihof in Trier zwei Kugeln in die Hand gedrückt. Keine großen Vorreden. Übung macht den Meister.

Gespielt wird "Triplette". Ein Dreier-Team gegen ein anderes Dreier-Team. Sandra Pfeffer, Sylvain Jacquet und ich bilden eine Mannschaft. Jeder Spieler hat zwei Metallkugeln. Jacquet beginnt, er wirft die rote Zielkugel, das sogenannte "Schweinchen" (französisch: cochon net), aus einem zuvor festgelegten Wurfkreis in eine Entfernung von sechs bis zehn Metern. Ziel beider Mannschaften ist es nun, ihre jeweils sechs Metallkugeln so nahe wie möglich an das rund 30 Gramm schwere Holz-Kügelchen zu setzen. Pro Wurf bleiben nur 60 Sekunden Zeit. Sind alle Spieler durch, wird gerechnet. Jede Kugel einer Mannschaft, die näher am Schweinchen liegt als die beste Kugel des gegnerischen Teams, zählt einen Punkt. Es können also maximal sechs Punkte pro Durchgang erzielt werden. Das Team, das als erstes insgesamt 13 Zähler gesammelt hat, gewinnt das Spiel. Im Schnitt sind acht, neun Durchgänge nötig, bis ein Sieger feststeht.

Ich gebe mir Mühe, ernte Lob, erkenne aber auch schnell, dass das richtige Pétanque nur wenig gemein hat mit dem Freizeitspaß, bei dem mit wasserbefüllten Plastikkugeln gespielt wird. Wie lese ich den Boden des Platzes richtig? Was macht der Gegner? Welche Wurftechnik ist die beste? Wie kann ich den Kontrahenten verunsichern? Pétanque - so einfach und doch so anspruchsvoll. Wer nicht aufpasst, verliert schnell den Überblick über das Spielgeschehen. Eine ruhige Hand ist gefragt, dazu die richtige Antizipation der Flugbahn. Der Boden auf dem Domfreihof ist uneben, kleine Steinchen können über Wohl oder Wehe einer Aktion entscheiden. Landet die Kugel in einem Radius von maximal 30 Zentimetern rund um das Schweinchen, gibt\'s Applaus. Vor dem cochonnet abgelegte Kugeln sind dabei besser als dahinter platzierte - weil sie für den Gegner Wege versperren.

Am Ende verliert mein Team mit 10:13. Ob\'s an mir lag? Die Mitspieler vermitteln nicht den Eindruck. Und auch Fritz, der Parson-Russel-Terrier, ist auf meiner Seite. Der kleine Hund, von den Spielern nur "Boule-Dog" genannt, ist bei jedem Training des Boule-Clubs Trier dabei. Sein bejahendes Bellen soll vermitteln: "Für's erste Mal war es ganz passabel."

In der neuen TV-Serie "Die Reportage - Sport im Sommer" probieren TV-Reporter in loser Folge Sportarten wie Boule, Rudern oder Bogenschießen am eigenen Leib aus.

Profi-Turnier: Erstmals wird am Sonntag, 26. Juni, auf dem Sportgelände des Trierer Petrisbergs ein professionelles Pétanque-Turnier mit Mannschaften aus der Region Trier, Luxemburg, Metz und Saarbrücken ausgetragen. Erwartet werden 200 Pétanque-Spieler - pro Stadt/Region sollen 25 Zweier-Teams teilnehmen. Veranstalter ist die Stadt Trier (mit Kulturbüro-Leiter Roman Schleimer). Organisationsleiter ist Hanspitt Weiler vom Boule-Club Trier. Start ist um 10 Uhr, mit dem Ende ist gegen 18 Uhr zu rechnen. Zuschauer sind willkommen. Das Turnier soll als fester Sport-Wettkampf im Austausch des Städtenetzes QuattroPole verankert werden.

Vereine: In der Region Trier gibt es eine Reihe von Boule-Clubs. Viele verfügen über Internet-Präsenzen und sind offen für interessierte Trainingsgäste. Eine Auswahl der Clubs ist im Vereinsregister des Pétanque-Verbands Rheinland-Pfalz zu finden (Internet: www.pvrlp.com). Im Ligabetrieb des Landesverbands nehmen in diesem Jahr 81 Mannschaften in 15 Klassen und Staffeln teil. In der höchsten Klasse, der Rheinland-Pfalz-Liga, spielt der BC "Saubrenner" Wittlich. bl

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