Darts-WM: Warum sieben Schweicher in Tim Wiese-Verkleidung deutschlandweit in den Medien aufgetaucht sind

Schweich/London · Die Fußball-Freizeitmannschaft "Suff Homosella Schweich II" hat es durch ihren Besuch der Darts-Weltmeisterschaft in London deutschlandweit in die Medien geschafft. Pikant: Ihr Bild musste für einen Skandal um pöbelnde deutsche Fans herhalten, obwohl die Schweicher zum Zeitpunkt der Hauptaufregung schon gar nicht mehr in London waren.

Darts-WM: Warum sieben Schweicher in Tim Wiese-Verkleidung deutschlandweit in den Medien aufgetaucht sind
Foto: (g_sport

Mehrere große deutsche Medien berichteten am Donnerstag über peinliche Auftritte deutscher Fans bei der PDC Darts-WM 2017 in London: Schmähgesänge oder sogar die Deutschland-Hymne sollen die Gäste aus Deutschland gegrölt haben. "Sie kommen in Lederhosen, verkleidet als Tim Wiese und mit Dynamo-Dresden-Schals", schrieb Die Welt über die rund 7500 Deutschen, die bei der Darts-WM dabei waren. Verkleidet als Tim Wiese?

Moment, das ist doch die "Suff Homosella Schweich II". Zugegeben, nicht jedem Fußballkenner wird diese Fußball-Freizeitmannschaft ein Begriff sein, aber das Foto im pinken Tim-Wiese-Torwarttrikot inklusive Muskelanzug und Masken seines Gesichts haben wohl Millionen Menschen gesehen.Sündenböcke aus Schweich?

Das Bild mit den Schweicher Kickern war unter anderem auf den Internetseiten von Focus, Die Welt oder der Stuttgarter Zeitung in Verbindung mit Vorfällen vom 28. Dezember zu sehen. So titelte die Stuttgarter Zeitung: "Fremdschämen im Ally Pally". Denn für einen Skandal hatten während dem Weltmeisterschafts-Duell zwischen Gary Anderson und Benito van de Pas deutsche Fans gesorgt, als sie sangen: "Timo Werner ist ein Hurensohn!" - ein Schmähgesang auf die Schwalbe des Leipziger Stürmers im Fußball-Bundesliga-Spiel gegen Schalke 04 Anfang Dezember.

Und da waren die Schweicher Kicker beteiligt und mussten deshalb mit ihren Konterfeien als Sündenböcke herhalten? Nein, denn die Gruppe um Björn Kraus (24), Philipp Seeberger (20), Marc Pitsch (21), Christopher Quary (21), Patrick Quary (27), Lars Hermann (24) und Nico Frick (21) aus Schweich und Trier war schon am 21. Dezember in London zu Besuch und am Folgetag wieder abgereist - also mehr als eine Woche vorher. Der Grund für die rege Verbreitung der Schweicher war, dass ein Fotograf der Deutschen Presseagentur die Jungs abgelichtet hatte und dieses Bild der Presse angeboten wurde im Zusammenhang mit Artikeln über deutsche Pöbler im Alexandra Palace, dem Austragungsort der Darts WM.Mit einem Hashtag ins Fernsehen

"Wir wollten nicht negativ in den Schlagzeilen stehen", beschwert sich Frick im TV-Gespräch. Eine Woche vorher hatten die Jungs sich noch gefreut über Medienpräsenz beim Fernsehsender Sport1, nun wurde ihr Bild zum Symbol für das Ärgernis vieler britischer Fans.

Vorher hatte es die Truppe, die unter dem Motto "Arroganz und Bier gewinnen das Turnier" sonst in der heimischen Kneipe Darts spielt oder andernorts gegen den Ball tritt, ins Fernsehen zu Sport1 geschafft. Während die Freizeitmannschaft ihre Fans auf der eigenen Facebookseite im Sommer noch mit der Falsch-Nachricht hochgenommen hatte, sie sei bei der ProSieben-Sendung "taff" zu sehen, sollte es im Dezember tatsächlich mit dem Fernsehauftritt klappen - mit folgendem Schachzug: Ein Selfie im Tim-Wiese-Dress versahen die sieben Moselaner auf Twitter mit dem Hashtag #Sascha Bandermann, einem renommierten Sport1-Reporter.Im Sport1-Quiz


Der sah dies, nahm auf dem Darts-Turnier die Suche nach den Jungs auf und involvierte sie dann prompt ins Sport1-Quiz. Die Jungs konnten rasch zwei von drei Fragen richtig beantworten, so dass sie ein Buch über Darts als Trophäe einheimsten. "Zieht lieber die Masken an", riet Bandermann vorm Fernsehauftritt, erzählt Frick im Nachhinein.
Die Stimmung in der Halle beschreibt Frick selber als sehr friedlich: "Es wurde über alle Nationen hinweg gefeiert, da oft eine 180 geworfen wird, wird auch ununterbrochen gesungen."

Trotz allem Ärger um das Gruppenbild im Nachhinein wollen die Schweicher Kicker im April auf jeden Fall wieder beim nächsten großen Darts-Turnier in Saarbrücken dabei sein, der European Darts Tour. An Fastnacht möchte die "Suff Homosella Schweich II" außerdem erneut ins Tim-Wiese-Outfit schlüpfen und in Schweich den Karnevalszug damit bereichern. Warum eigentlich Tim Wiese? "Wir gehen alle gerne ins Fitnessstudio, mögen Fußball, und Tim Wiese hat ja in letzter Zeit viel Aufsehen erregt durch seine neue Wrestling-Karriere", erklärt Frick.

Gekostet hat jeden das Outfit 75 Euro - inklusive Tattoo-Shirts, Masken und Oberteil. "Das war uns der Spaß wert, ein tolles Erlebnis!" Ein kleines Happy End zum Schluss: Auf Anfrage der Kicker hatte Die Welt das Bild zügig wieder aus dem Netz genommen.Extra

Auch zwei Tage nach seiner ultimativen Demütigung ließ Legende Phil Taylor die Darts-Szene im Ungewissen. Nach dem 3:5 gegen Erzrivale Raymond van Barneveld und dem Aus im WM-Viertelfinale wurde heftig über ein mögliches Karriereende des Rekord-Champions spekuliert. Taylor verschwand nach dem K.o. im Londoner Alexandra Palace wortlos hinter den Kulissen — und äußerte sich bis zum Neujahrstag nicht über offizielle Kanäle zu seinen nächsten Plänen. Lediglich die britische Boulevard-Zeitung Daily Star zitierte Taylor mit den Worten: "Ich werde nicht aufhören. Das hat mich entschlossen gemacht, härter zu arbeiten und mich zu verbessern, ich werde es nächstes Jahr noch einmal versuchen." Bestätigt wurden die Aussagen zunächst nicht, auf seiner Internetseite fand die Niederlage noch gar keine Erwähnung. Doch auch van Barneveld rechnet nicht mit einem schnellen Abgang seines Konkurrenten: "Ich weiß zwar nicht, was dieses Resultat über Nacht mit ihm macht, aber ich glaube nicht." Dabei hatte Taylor gegen den Niederländer eine sportliche Kränkung auf der größten Darts-Bühne erlebt. Bei der 3:5-Niederlage war er nicht nur sportlich unterlegen, anschließend hielt ihm Sieger van Barneveld auch noch genüsslich das Dart-Board hin und ließ Taylor auf der Rückseite unterschreiben, um die Scheibe als Erinnerung mitzunehmen. "Ich hatte eigentlich nicht vor, das zu machen, aber warum eigentlich nicht", sagte. "Er macht das schließlich immer, jetzt kriegt er es mal zurück." Die beiden Halbfinal-Duelle Michael van Gerwen/Raymond van Barneveld und Peter Wright/Gary Anderson war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. dpa

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