Der Mob dreht durch

Frankfurt · Nach der 0:2-Heimniederlage gegen den FC Köln, der seinen Klassenerhalt feierte, ist es in Frankfurt zu Ausschreitungen gekommen. Fans stürmten den Rasen, wollten den Spielern des vermeinlichen Absteigers an den Kragen.

Frankfurt. Am Ende mussten die ihre behelmten Köpfe hinhalten, die nichts mit der Aggression zu tun hatten: Bereitschaftspolizisten aus Hessen und Rheinland-Pfalz. Ihrem besonnenen Verhalten ist es zu verdanken, dass nicht noch mehr geschah in der Frankfurt Commerzbank-Arena. Der Frust, das Adrenalin und die Aggression der Eintracht-Fans entlud sich schon während des Abstiegsgipfels gegen den 1. FC Köln in bengalischen Feuern und Böllerexplosionen, nach Spielschluss kannte der Mob kein Halten mehr. Nach dem 0:2, das höchstwahrscheinlich den vierten Abstieg besiegelte, drehten rund 200 Frankfurter durch, durchbrachen die Zäune, demolierten Werbebanden und eine 650 000 Euro teure Fernsehkamera und stürmten das Feld.
Die Eintracht-Spieler rasten panikartig in die Kabinengänge, die Kölner Spieler, die mit ihren Fans auf der gegenüberliegenden Seite überschwänglich den Klassenerhalt feierten, stürmten hinterher. Einzig Lukas Podolski blieb bei den FC-Anhängern. "Uns wurde unsere Feier von Frankfurter Idioten gestohlen, jetzt holen wir sie eben nächste Woche zu Hause nach", sagte der Torschütze zum 2:0, der einen an ihm verschuldeten Foulelfmeter verwandelt hatte (90.).
Auf der anderen Seite redete fast das gesamte Eintracht-Präsidium auf den immer noch aufgehitzten Mob ein. Die Polizei, die nach weiteren Böllerwürfen Schlagstöcke und Tränengas einsetzte, hatte schnell die Haupt-Unruhestifter identifiziert und sechs von ihnen festgenommen. 500 "Fans" durften später auf den Rasen, um mit Spielern und Vorstand zu "reden". Auch der als Messias verpflichtete Christoph Daum, dessen Bilanz nach sieben sieglosen Spielen vernichtend ist, stellte sich den Zuschauern.
Wenn das, was seine Spieler in den 90 Minuten boten, der Geist des Kurz-Trainingslagers in Bitburg war, dann gute Nacht. Blutleer, ideenlos, willenlos, angsthäsig und ohne jede Einsatzbereitschaft präsentierten sich die Gastgeber wie ein Absteiger. Keine einzige Torchance, Fehlpässe im Mittelfeld, Zuordnungsprobleme in der Defensive, kein Aufbäumen. Und dabei hatte die Eintracht alles versucht, um Fans und Spieler nicht noch weiter zu verunsichern - die Zwischenergebnisse der Spiele in Wolfsburg und Mönchengladbach wurden nicht auf der Anzeigetafel eingeblendet. Und mit dem 0:2 (die Kölner Führung hatte Chihi erzielt/24.) waren die Frankfurter angesichts der vom FC fahrlässig vergebenen Konterchancen noch bestens bedient. Während in Köln nun vorrangig die Frage des neuen Trainers diskutiert wird - Christoph Daum gehört nicht zu den Kandidaten - kehrt man in Frankfurt den Scherbenhaufen zusammen. Als Vorletzter muss man am letzten Spieltag ausgerechnet zur Meisterfeier in Dortmund antreten. "Ich kann nur Durchhalteparolen ausgeben, die Fakten sprechen nicht für uns", sagte Daum.

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