Der Schwimmerschreck

Bitburg · Der 23-jährige Stephan Fandel zählt zu den schnellsten Schwimmern der Region. Bei den deutschen Meisterschaften in Berlin jubelten die Zuschauer ihm zu - im Bitburger Bad wird er beschimpft.

 Schnell die Bahn wechseln: Wer keine Spritzer abbekommen will, weicht Schwimmer Stephan Fandel lieber aus.Foto: Privat

Schnell die Bahn wechseln: Wer keine Spritzer abbekommen will, weicht Schwimmer Stephan Fandel lieber aus.Foto: Privat

Foto: (g_sport

Bitburg. Stephan Fandel ist ein unbeliebter Gast im Bitburger Schwimmbad Cascade. Betritt er die Halle, muss er damit rechnen, beleidigt zu werden. "Asozialer Idiot" rufen die Badegäste dann zum Beispiel. Wenn langsame Schwimmer ihn sehen, wechseln sie die Bahn und die Bademeister grüßen ihn schon lange nicht mehr. Als Fandel kürzlich aus dem Becken stieg, hat ein Gast ihm nachgetreten. "Das war bis jetzt das Schlimmste, was mir dort passiert ist", sagt er.
Über den 23-jährigen Bitburger gehen bei der Leitung der Cascade regelmäßig Beschwerden ein. Denn Fandel ist Profi, er schwamm schon bei nationalen Titelkämpfen mit. Wenn er seine Bahnen zieht, sind die anderen Badegäste für ihn Hindernisse. Und die bekommen dann schon mal den ein oder anderen Spritzer ab, wenn er an ihnen vorbeischießt. Gäbe es eine abgetrennte Bahn für Fandel und die "vier oder fünf anderen Schnellschwimmer in Bitburg" wäre das Problem gelöst, meint der 23-Jährige. Dieser Bitte ist die Cascade-Leitung bis jetzt aber noch nicht nachgekommen.
Überhaupt seien die Trainingsbedingungen für den 23-jährigen Athleten alles andere als optimal, sagt er. Doch er hat keine Wahl. Ein anderes Schwimmbad gibt es im unmittelbaren Umkreis seines Wohnortes Bitburg-Masholder nicht. Und, um fit zu bleiben, muss Fandel regelmäßig trainieren. Das bedeutet bei ihm: Jeden Tag mindestens zwei Stunden im Becken.
Damals, als er noch in Mannheim Maschinenbau studierte, war das einfacher, sagt er. 2012 wurde er Mitglied im SV Mannheim. Und auch jetzt bleibt er dem Verein treu - obwohl er wegen seines Masters in Trier längst wieder in sein Eifeler Elternhaus eingezogen ist. Das Problem: In Bitburg muss Fandel ohne Trainer zurechtkommen. "Es steht niemand am Beckenrand und brüllt mich an, wenn ich mich hängenlasse", sagt er. "Ich muss mich selbst motivieren."
Das scheint trotz der widrigen Bedingungen aber gut zu klappen: Bei der deutschen Meisterschaft in Berlin durfte Fandel kürzlich in drei Disziplinen starten - dreimal reichte es für die persönliche Bestzeit. Außerdem schaffte er es auf Platz 25 der schnellsten Schwimmer der Bundesrepublik. Wettkampferfahrung hatte Fandel vorher reichlich gesammelt - mit zehn Jahren machte er bei seinem ersten Turnier mit, jahrelang schwamm er im Nationalteam von Luxemburg. Auch bei der deutschen Meisterschaft ist er nicht zum ersten Mal dabei: 2013 hatte er sich mit der Mannheimer Staffel für die Titelkämpfe qualifiziert und es prompt ins Finale geschafft. Im Jubel der ausverkauften Halle auf dem Startblock zu stehen - das war "sein persönliches Highlight".
Jetzt will Fandel es aber erstmal ruhig angehen lassen: "für mich ist die Saison vorbei". Erwolle er sich ganz auf die anstehenden Klausuren konzentrieren, sagt er, und seinen Trainingsplan etwas zurückfahren. Für die langsameren Schwimmer in der Cascade ist das womöglich eine gute Nachricht.

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