Die Dehnkraft der Haut ist nicht unendlich

Trier · Klammern, nähen, kleben - das sind nicht die Grundtechniken des Heimwerkens, sondern notwendige ärztliche Maßnahmen bei Platzwunden. Bei deren Behandlung spielt Hygiene eine sehr große Rolle. Dies gilt ebenso für die Versorgung von Schürfwunden.

Trier. Nicht immer gehen Stürze im Sport glimpflich aus. Der Fall vom Fahrrad auf Asphalt oder Ausrutscher auf roter Asche, Kunstrasen oder dem Hallenboden führen häufig zu brennenden Schmerzen. "Bei solchen Schürfwunden wird die Oberhaut mehr oder weniger stark abgetragen. Die Folge sind Wundrötungen. Die darunter liegenden Hautschichten bleiben meistens intakt", erklärt Dr. Bernd Vogt, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in Trier. Während bei Schürfwunden wenig Blut fließt, gehen Riss- oder Platzwunden meist mit starken Blutungen einher. Vor allem am Schädel, da die Kopfhaut stark durchblutet ist.
"Sport ist Mord ...", Teil 2


Schutzschild: Die Haut des Menschen ist dehnbar, aber nicht unendlich. Dr. Vogt macht das an einem Beispiel deutlich: "Wenn man einen Apfel leicht drückt, passiert wenig mit ihm. Wenn man den Apfel gegen eine Wand wirft, zerfällt er in viele Stücke." Heißt übersetzt: Damit es zu Platzwunden kommt, müssen große Druckkräfte herrschen. "Der Impuls muss so stark sein, dass die Dehnkraft der Haut überstrapaziert wird", sagt Dr. Vogt. Das passiert etwa dann, wenn beim Fußball zwei Spieler mit ihren Köpfen zusammenrasseln oder das Knie eines Handballers an den Torpfosten rauscht.
Während Schürfwunden entstehen, wenn die Haut an einer rauen Oberfläche entlangstreift, sind Platzwunden die Folge von stumpfer, frontal einwirkender Gewalt. Die Haut platzt am ehesten dort auf, wo sie unmittelbar auf dem Knochen liegt.
Wunde reinigen: Als Faustregel gilt, eine Wunde binnen der ersten sechs Stunden zu versorgen. Bevor eine Platzwunde verschlossen wird, muss sie gereinigt und desinfiziert werden. Auch Schürfwunden sind gewissenhaft zu säubern, damit keine Keime eindringen können. "Zum Reinigen gehört die Spülung mit einer sterilen Flüssigkeit und das Entfernen aller Fremdkörper. Sind die Wundränder stark verschmutzt, werden sie ausgeschnitten", sagt Dr. Vogt.
Bei Platzwunden, stark verschmutzten und tiefen Schürfwunden sowie Blessuren nahe den Gelenken und im Gesicht rät der Sportmediziner zum Arztbesuch. Um den Blutfluss zu bremsen, muss eine Platzwunde mit einem Druckverband umschlossen werden.
Wundverschluss: Schürfwunden können meist mit Pflastern, die nicht mit der Wunde verkleben, ausreichend behandelt werden. "Alternativen sind Wundauflagen mit Fettgaze", sagt Dr. Vogt. Dabei handelt es sich um einen mit Fett oder einer Heilsalbe imprägnierten Verband. Zum Verschließen von Platzwunden kommen mehrere Techniken in frage, die auch kombiniert werden können:
Nähen: Das Gewebe wird mittels Nadel und Faden wieder zusammengebracht, die Enden werden verknotet.
Klammern: Hierbei werden zum Wundverschluss Metall- oder Titanklammern benutzt.
Kleben: Mit einem Acrylkleber werden die Wundränder zusammengeklebt. "Diese Methode ist allerdings sehr teuer", sagt Dr. Vogt.
In besonders schweren Fällen oder bei verzögerter Versorgung kommt es vor, dass eine Platzwunde nicht verschlossen werden darf, sondern offen behandelt werden muss. Dann kommen spezielle Verbände zum Einsatz.
Achtung: Tetanusschutz prüfen! Der Trierer Facharzt rät Sportlern, bei erlittenen Schürf- oder Platzwunden auf jeden Fall ihren Tetanusschutz zu überprüfen. Ausgelöst wird die Infektionskrankheit Tetanus, wenn die Sporen eines bestimmten, nahezu überall vorkommenden Bakteriums in Wunden eindringen.
"Die Impftreue der Menschen hat nachgelassen. Der Schutz gegen Tetanus sollte bei Erwachsenen alle zehn Jahre aufgefrischt werden. Bei Kindern gelten besondere Regeln", sagt Dr. Vogt.
Rückkehr: Wann ein Sportler nach einer Schürf- oder Platzwunde wieder Sport treiben sollte, hängt aus Sicht des Trierer Sportarztes vom Ehrgeiz ab. "Ein Profisportler macht mit einer gut versorgten Kopfwunde notfalls direkt weiter."
Unvergessen ist, wie Fußballprofi Dieter Hoeneß vom FC Bayern München im DFB-Pokal-Finale 1982 nach einem Zusammenprall mit dem Nürnberger Alois Reinhardt trotz einer Platzwunde am Kopf weiterspielte - mit einem markanten turbanähnlichen Verband. Grundsätzlich brauche eine Wunde aber Ruhe zum Ausheilen, sagt Dr. Vogt: "Wer bei größeren Wunden zu früh wieder einsteigt, riskiert einen schlechten Heilungsverlauf und breitere Narben."

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