Ein Trierer auf Kurs

Luzern · Richard Schmidt und der Deutschland-Achter haben Grund zur Freude.


Luzern (dpa) Zehnter Start, zehnter Sieg - der Deutschland-Achter mit Richard Schmidt aus Trier geht als Favorit in die WM. Elf Wochen vor dem Saisonhöhepunkt in Sarasota im US-Bundesstaat Florida blieb das Paradeboot auch bei der Generalprobe ungeschlagen. Im Weltcup-Finale von Luzern bewahrte die Crew um Schlagmann Hannes Ocik den Deutschen Ruderverband (DRV) vor einem totalen Schiffbruch. Der erste Erfolg auf dem Rotsee seit 2014 gibt Schwung für die außergewöhnlich lange WM-Vorbereitung. "Das hat unfassbar wehgetan, wir mussten alles aus uns rausholen", kommentierte der Schweriner Ocik den harten Bord-an-Bord-Kampf mit Australien, "mit dieser tollen Mannschaft haben wir uns den WM-Sieg vorgenommen."
Dagegen gibt die restliche DRV-Flotte Grund zur Sorge. Mit dem Achter, dem Frauen-Doppelvierer und dem Frauen-Einer erreichten nur drei Boote aus den 14 olympischen Wettkampfklassen die Endläufe. Der Umbruch im Jahr nach Rio bereitet offenbar mehr Probleme als erwartet.
"In der Summe ist es zu wenig. Bei diesem Übergang fehlen uns die Alten. Gewünscht hatten wir uns mehr als eine Medaille, erwartet aber nicht", bekannte Siegfried Kaidel mit Bezug auf die Verjüngung des Kaders. Der DRV-Vorsitzende hofft auf eine schnelle Trendwende: "Bis zur WM haben wir noch lange Zeit. Da wünsche ich mir noch den einen oder anderen mehr im Finale."
Anders als noch in den bisherigen Saisonrennen musste der Achter diesmal für den Sieg bis zum Ende hart kämpfen. Dank eines starken Endspurts konnte der Angriff der Australier bei der 1500-Meter-Marke abgewehrt werden, obwohl die Kräfte nach dem Erfolg in Henley nur eine Woche zuvor zu schwinden drohten. Im Ziel betrug der Vorsprung eine Luftkastenlänge. Das Ende seines Rotsee-Fluchs stimmte Ocik euphorisch: "Ich wollte den Rotsee besiegen. Das hat mich beflügelt, und die Mannschaft hat mitgezogen." Bei aller Freude warnte Trainer Uwe Bender jedoch davor, den Erfolg überzubewerten: "Bis zur WM sind es fast noch drei Monate. Das wird ein neues Spiel."
Im Soll blieb Annekatrin Thiele im Einer. Die 32 Jahre alte Doppelvierer-Olympiasiegerin aus Leipzig musste ihrem überraschenden, aber auch kräftezehrenden Sieg in Henley Tribut zollen und sich im Endlauf mit Rang sechs begnügen. "Heute war nicht mehr drin. Drei Rennen bei der Wärme, dazu noch Henley letzte Woche - das war ein ordentliches Pensum", kommentierte die EM-Dritte.
Ein Stück vom Erfolgskurs der vergangenen Jahre ist der Frauen-Doppelvierer abgekommen. Der Olympia- und EM-Sieger qualifizierte sich zwar für das Finale, verpasste als Vierte aber den Sprung auf das Siegerpodest. "Für den Frauen-Skullbereich mache ich mir Sorgen. Wir waren immer vorne dabei. Ich habe mich in diesem Jahr für den Einer entschieden, da fehlt im Doppelvierer vielleicht ein bisschen die Führung", sagte Thiele.
Besonders groß war die Enttäuschung im Männer-Doppelvierer. Nur ein Jahr nach dem Triumph von Rio verfehlte die Crew um Schlagmann Tim Grohmann aus Leipzig als Neunter vorerst die verbandsinterne WM-Norm, die Rang 7 als Minimalziel vorsah. Die Entscheidung über eine WM-Teilnahme soll in Kürze fallen.
Auf der Suche nach Gründen für die bescheidene Gesamtbilanz verwies DRV-Chefcoach Marcus Schwarzrock auf die Verjüngung des Kaders und personelle Probleme: "Es ist ein schwieriges Jahr, das aber nicht unerwartet kommt. Wir haben viele junge Crews am Start und mussten einige Boote kurzfristig umbesetzen oder sogar abmelden". So ging das Skiff-Debüt von Tim-Ole Naske auf dem Rotsee vorzeitig zu Ende. Der 21 Jahre alte Hamburger meldete sich nach seinem Vorlauf am Freitag krankheitsbedingt ab.

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