Ein vorbildlicher "Krieger"

Trier · Riesenehre für Joachim Laupp aus Trier: Dem 58-Jährigen, der seit vielen Jahren Shorin-Ryu-Karate lehrt, ist der 9. Dan verliehen worden. Europäer haben eigentlich kaum eine Chance, diese zweithöchste Auszeichnung zu erhalten.

Trier. Die Sache kam ihm spanisch vor - obwohl er in Brasilien war. Joachim Laupp weilte bei der Feier zum 25-jährigen Bestehen der Shidokan-Vereinigung in Brasilien. Shidokan ist eine Stilrichtung des Shorin-Ryu, das wiederum eine der beiden großen Stilrichtungsfamilien des der japanischen Insel Okinawa entspringenden Karate darstellt. Dem Trierer Laupp wurde ein Platz im VIP-Bereich zugewiesen. Dort, wo nur Träger des 9. und 10. Dan - der beiden höchsten Graduierungen - Zugang hatten. Das Erstaunliche: Laupp besaß zum damaligen Zeitpunkt den 8. Dan, was auch schon aller Ehren wert ist.
Zeremonie im Frühjahr 2016


"Ich dachte mir, da wird doch nichts im Busch sein", erinnert sich der 58-Jährige. Doch, war es. Zehn Jahre nach seiner bestandenen Prüfung zum achten Dan ist Laupp nun der 9. Dan verliehen worden - verbunden mit der Bezeichnung "Hanshi". "Han" bedeutet Vorbild, "shi" Krieger. Europäer haben eigentlich kaum eine Chance, die Auszeichnung zu erhalten. Doch Laupps Vita hinterließ Eindruck beim entscheidenden Gremium, der mit absoluten Großmeistern besetzten Spitze der Okinawa Shorin-Ryu-Karatedo-Organisation.
Aspiranten für den 9. Dan müssen mindestens 40 Jahre Karate betreiben und dabei in großem Maße dazu beitragen, die Lehre zu verbreiten. Normalerweise kommen nur Japaner infrage - Laupp, der seit 1969 Karate betreibt, bildet eine Ausnahme. Er gilt seit Jahrzehnten als einer der wichtigsten Vertreter des Shorin-Ryu außerhalb Okinawas. Sein Lehrer war Miyahira Katsuya (10. Dan Hanshi), Begründer des Shorin-Ryu Shidokan Karatedo. Seit 2007 gibt Laupp die Lehre nicht nur in seiner Schule in der Trierer Saarstraße, sondern auch im damals neu geschaffenen europäischen Zentrum für das Shorin-Ryu Shidokan in Düsseldorf weiter. Karate wird dabei nicht als Wettkampfsport, sondern als Tradition und Lebensform betrachtet. Als Kunst, konzentrierter zu werden und Selbstsicherheit zu gewinnen.
Per Brief wurde Laupp über die Auszeichnung informiert. "Ich dachte zunächst an einen Witz und habe den Absender überprüft. Obwohl ich Japanisch spreche, musste ich mir das Schreiben erst übersetzen lassen, da das japanische Schriftsystem sehr komplex ist", sagt Laupp, für den die Auszeichnung eine "große Ehre" ist. Der rotfarbige Gürtel wird ihm im Frühjahr 2016 auf Okinawa überreicht - aus den Händen der höchsten Meister. Laupp: "Das wird für mich ein ganz großer, emotional sehr starker Moment."
2016 gibt es daneben für Laupp weiteren Grund zum Feiern. Shorin-Ryu in Deutschland feiert 25. Geburtstag. Zur Festveranstaltung werden mehrere hohe Meister aus Japan erwartet - zudem der japanische Generalkonsul und der Düsseldorfer Oberbürgermeister. Laupp: "Auch dieses Jubiläum ist ein Meilenstein."

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