Erst in den Wald, dann zur Familie

Vor zehn Jahren konnte sich Martin Ege nicht vorstellen, Marathon zu laufen. Jetzt gehört der 56-Jährige trotz Elf-Stunden-Arbeitstagen zu den besten Seniorenläufern der Region.

 Martin Ege aus Altrich lief in 2:54:27 Stunden die Marathondistanz von 42,195 Kilometern so schnell, wie noch kein 55- bis 59-Jähriger aus dem Kreis vor ihm. TV-Foto: Holger Teusch

Martin Ege aus Altrich lief in 2:54:27 Stunden die Marathondistanz von 42,195 Kilometern so schnell, wie noch kein 55- bis 59-Jähriger aus dem Kreis vor ihm. TV-Foto: Holger Teusch

Altrich. Der Arbeitstag von Martin Ege ist lang: Kurz nach sechs Uhr morgens fährt er nach Zemmer. Erst zwölf Stunden später kehrt er nach Altrich zurück. Keine guten Voraussetzungen für eine trainingsintensive Sportart - sollte man meinen. Aber Ege gehört trotzdem seit Jahren zu den besten Seniorenläufern der Region. Am vergangenen Wochenende, zwei Tage nach seinem 56. Geburtstag, belegte er beim Frankfurt-Marathon in 2:54:27 Stunden den zweiten Platz bei den 55- bis 59-Jährigen. So schnell war noch kein M55-Läufer aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich. Beim 42,195-Kilometer-Rennen im saarländischen Sankt Wendel gewann der Sportler des SV Altrich sogar diese Altersklasse.

Eges Rezept, um trotz hoher Arbeitsbelastung ausreichend zu trainieren: Nach der Arbeit fährt er zwar ins heimische Altrich, stellt sein Auto aber am Waldrand ab, um im Mundwald zu laufen. "Früher bin ich vorher noch zu Hause vorbei, aber das war tödlich", sagt er. Erst einmal bei der Familie, schwindet die Motivation, die Laufschuhe zu schnüren.

Zum Ausdauersport kam Martin Ege vor 15 Jahren. 1979, als 25-Jähriger, erlitt der Fußballer einen Kreuzbandriss. Seitdem habe er immer wieder Probleme gehabt. Er versuchte es immer wieder mit Fußball, dann mit Volleyball, bis er schließlich beim Laufen landete. Die gleichmäßige Belastung bereitet ihm weniger Probleme als die Seitwärtsbewegungen der Ballsportarten.

Zunächst dachte Ege nicht an Wettkämpfe. "Wenn mir Ende der 90er Jahre jemand gesagt hätte, dass ich irgendwann Marathon laufe, ich hätte geantwortet: ‚Du hast nicht alle Tassen im Schrank'", erzählt er. Doch schon 2001 war es so weit. Nachdem er beim Nürburgringlauf bereits am Lauf über die Grand-Prix-Strecke (damals neun Kilometer) und die Nordschleife (23,8 Kilometer) teilgenommen hatte, motivierte ihn ein Freund aus Westfalen, sich zum Hermannslauf anzumelden. Ege absolvierte die mehr als 30 Kilometer vom Hermannsdenkmal nach Bielefeld problemlos. "Ich dachte mir: Jetzt hast du nur noch zehn Kilometer bis zum Marathon. Das schaffst du auch noch - und habe mich zum Berlin-Marathon angemeldet", erzählt Ege. In 3:11:39 Stunden debütierte er über die klassische Distanz. Es folgten Läufe in München, Köln, Hamburg, Wien und in New York. "Das war gigantisch", sagt Ege zum Erlebnis des wohl bekanntesten Stadtmarathons, der am Sonntag zum 41. Mal stattfindet - diesmal aber ohne Ege. "Im nächsten Jahr vielleicht wieder."

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