Große Ehre: Japanische Großmeister feiern mit Trierer Pionier

Trier/Düsseldorf · Es ist ein in der Szene außergewöhnliches Ereignis: Neun der berühmtesten japanischen Kampfkunstmeister sind bis 13. September in Düsseldorf zu Besuch, um einen Trierer zu ehren: Vor 20 Jahren erhielt Joachim Laupp den Auftrag, eine spezielle Stilrichtung des Karate in Deutschland zu verbreiten.

 Ein Leben für das Karate: Joachim Laupp feiert dieser Tage ein besonderes Jubiläum. Foto: privat

Ein Leben für das Karate: Joachim Laupp feiert dieser Tage ein besonderes Jubiläum. Foto: privat

Trier/Düsseldorf. Karate - da denkt der Interessierte an Kampfsport. An die typische Bekleidung: weiße Baumwollhose, weiße Baumwolljacke. An verschiedenfarbige Gürtel. An Schlag-, Stoß- und Tritttechniken. Karate als Wettkampf hat sich nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit etabliert. Als Philosophie und Lebensweg wird es erst auf den zweiten Blick wahrgenommen.
Der Trierer Joachim Laupp war Sport-Karateka, eher er die traditionelle Variante für sich entdeckte. Heute zählt der 54-Jährige zu den wichtigsten und höchstgraduierten Karate-Lehrern in Europa.
Seit dem zwölften Lebensjahr ist er vom Karate-Virus infiziert. Demonstrationen im Schwarz-Weiß-Fernsehen faszinierten ihn. Bruce Lee wurde schnell zum Idol. "Wir waren damals mit unserer Clique fast jeden Tag im Kino. Wir haben unser Taschengeld investiert, um seine Filme x-mal anzusehen", erinnert sich Laupp.
Als Karateka feierte er einige Erfolge. Laupp wurde mehrfach Deutscher Meister und Europameister. Ende der 1970er Jahre lernte der Heiligkreuzer erstmals Okinawa kennen. Japans südlichste Präfektur gilt als Geburtsstätte des Karate. 900 000 der 1,4 Millionen Einwohner sollen sich der Kampfkunst verschrieben haben.
Es blieb nicht bei einem Besuch. Fünf Richtige im Lotto veränderten 1990 Laupps Leben. Den Gewinn - 19 000 Deutsche Mark - investierte er in einen sechsmonatigen Aufenthalt auf Okinawa. Seine Familie war einverstanden, seinem Kaufmannsjob in Deutschland sagte er Tschüss.
Laupps Traum wurde wahr. Auf Okinawa begegnete er Katsuya Miyahira, dem Oberhaupt des sogenannten "Shorinryu Shidokan Karate". Bei dieser Stilrichtung stehen nicht der Wettkampf und Siege im Mittelpunkt, sondern Geist, Seele und Motorik. Laupp, der vor einigen Jahren zum Buddhismus konvertiert ist, durfte sich in der Schule des legendären Großmeisters präsentieren. Der Trie rer kam als Kampfsportler und sattelte um zum Kampfkünstler.
Der Weg dorthin war beschwerlich. Jeden Tag acht Stunden Training. "Nach ein paar Wochen fühlte ich mich komplett leer. Ich habe geistig und körperlich Grenzen überschritten", sagt Laupp zurückblickend. Die Mühen haben sich gelohnt. Miyahira nahm Laupp als seinen Schüler an - eine Ehre, die Ausländern höchst selten zuteil wird. Und das war nicht alles: Der im vergangenen Jahr im Alter von 93 Jahren gestorbene Großmeister beauftragte den Trierer 1991, seine Karate-Stilrichtung in Deutschland und Europa zu verbreiten.
Laupp nimmt den Auftrag ernst. Er gibt Miyahiras Lehre in seiner Schule in der Trie rer Saarstraße und im 2007 in Düsseldorf eröffneten europäischen Zentrum für das Shorinryu Shidokan Karate weiter. "Mit der Schule am Rhein ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Als 50-Jähriger durfte ich noch mal durchstarten", sagt Laupp.
Aber warum Düsseldorf? In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt gibt es eine der größten japanischen Gemeinden außerhalb des asiatischen Lands. Auch deshalb wird dieser Tage am Rhein gefeiert: 20 Jahre Shorinryu Shidokan Karate in Deutschland. 20 Jahre Pionierarbeit von Joachim Laupp.
Neun der berühmtesten japanischen Kampfkunstmeister machen ihre Aufwartung. Empfänge, Training und öffentliche Übungen stehen auf dem Programm des viertägigen Aufenthalts. Auch der japanische Generalkonsul Kiyoshi Koinuma schaut vorbei. Laupp kann und will seinen Stolz nicht verbergen: "Diese Jubiläumsfeier ist für mich eine außerordentliche Ehre." bl
Shorinryu Shidokan Karate - aus welchen Begriffen setzt sich diese Stilrichtung zusammen? Karate bedeutet übersetzt Kampf mit der leeren Hand. Die Ursprünge entwickelten sich auf der heute zu Japan gehörenden Insel Okinawa. Shorinryu ist einer der zwei Haupt-Karatestile Okinawas. "Shorin" bedeutet "junger Wald". Ryu heißt übersetzt "Stil". Die Technik zeichnet sich durch schnelle, kraftvolle Bewegungen aus. Shorinryu beinhaltet nicht nur verschiedene Techniken, sondern steht auch für eine Kampfkunst-Philosophie. Durch hartes und beständiges Training soll ein ausgeglichener Geist erlangt werden. Shidokan ist der Name der Schule von Großmeister Miyahira Katsuya (übersetzt: "Haus für ehrliche Menschen"). bl

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