"Ich bewundere die heutigen Schiedsrichter und möchte ihnen Mut und Standhaftigkeit zusprechen"

Fußball: Gewalt gegen Schiedsrichter

Zur Schwerpunktseite "Gewalt gegen Schiedsrichter" (TV vom 6. Februar):
Besonders gut fand ich den Beitrag zum Thema Gewalt gegen Schiedsrichter. Nach fast 30 Jahren Schiedsrichtereinsatz auf Kreisebene im Fußballkreis-24-Münster des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen (FLVW) bin ich erstaunt, wie sich die persönlichen Erfahrungen mit den Ausführungen des Zeitungbeitrages, d.h. regionsunabhängig, decken. In diesem Zusammenhang sei auch an die Vorbildfunktionen der Profivereine erinnert.
Hier war der Leserbrief von Herbert Marth vom 11. Februar zum Thema Krawalle bei Borussia Dortmund richtig. Ich gehe aber noch weiter als Herr Marth: Ein lebenslanges Stadionverbot reicht nicht; die "Täter" sind auch privatrechtlich von den Vereinen an den Strafen/Kosten zu beteiligen. Hier fragt man: Was passiert eigentlich mit den vielen von der Polizei Festgenommenen? (Nebenbei: Diese Frage stellt sich jedes Mal wenn nach Krawallen auch in anderen Zusammenhängen Festnahmen gemeldet werden.)
Gerhard Frenck
Münster (Westfalen)

Vor 60 Jahren gab es so was schon. 1959 im Frühjahr mit 18 Jahren habe ich beim damaligen Fußballkreisverband Stade an der Elbe die Schiedsrichterprüfung abgelegt. Da ich als Lehrgangsbester die Prüfung bestanden hatte, wurde ich vom damaligen Kreisobmann beobachtet. Offenbar aufgrund meiner guten Leistungen bin ich innerhalb von eineinhalb Jahren zwei Klassen aufgestiegen. Zwei Erlebnisse hatte ich beim Lesen der Schwerpunktseite "Gewalt gegen Schiedsrichter" wieder bildlich vor Augen. 1) Ich wurde für ein Punktspiel im Nachbardorf meines Heimatvereins (MTV Himmelpforten) in Oldendorf als Schiedsrichter eingesetzt. Da mein Heimatverein eine Klasse tiefer spielte, war dies auch kein Problem. Viele Fußballspieler und Dorfbewohner kannten mich natürlich. Es kam, wie es kommen musste. Im Laufe des Spiels habe ich einen Spieler des TuS Oldendorf wegen wiederholten groben Fouls vom Platz stellen müssen. Was musste ich mir da anhören: "Wir schlagen dich kaputt", "Du Arschloch" oder "Pass auf, wir werden dich abfangen".
Da kam eine gewisse Angst in mir auf, und ich suchte daher nach Spiel Schutz bei den Verantwortlichen. Einer nahm mich mit zu sich nach Hause. Als es dunkel genug war, brachte er mich mit meinem Fahrrad bis zum Ortsausgangsschild und sagte: "So, jetzt guck, wie du nach Hause kommst." Ich aufs Fahrrad und ab wie ein Verrückter. Die fünf Kilometer bin ich wohl in neuer Rekordzeit gefahren.
Von wegen Spesen? Pro Spiel erhielten wir ganze fünf Mark. Meine Eltern hatten damals noch kein Telefon oder Handy. Meine Eltern waren froh, als der Junge wieder zu Hause war.
2) Mein Heimatverein hatte 1959 90-jähriges Jubiläum. Im Sommer fand ein Freundschaftsspiel der ersten Mannschaft mit einem befreundeten Verein statt. Es kam wieder, wie es kommen musste. Plötzlich stand unser Fußballobmann vor mir. Manfred, du musst das Spiel pfeifen. Vor dem Spiel ging ich in die Kabine des Gastvereins und stellte mich vor, anschließend auch in unsere Kabine. Was passierte? Ich glaube, ziemlich am Ende der 1. Halbzeit, begang unser damals bester Verteidiger ein ziemlich grobes Foul in der Nähe des Spielfeldrandes. Ich habe ihn verwarnt und ihm laut und deutlich mitgeteilt: Beim nächsten Foul dieser Art muss ich Sie vom Platz stellen.Ich gab das Spiel wieder frei und drehte mich kurz um. Da hörte ich, wie er Folgendes sagte: "Du Idiot, du Arschloch." Meine Reaktion war: Platzverweis. Da dies alles am Spiefeldrand geschah, wurde ich auch von vielen Zuschauern mit Schimpfwörtern bedacht. Da im Spielbericht stand "Platzverweis wegen Schiedsrichterbeleidigung" erhielt der Spieler eine Sperre von drei Monaten. Folge: Ich konnte mich mehrere Monate im Vereinshaus nicht mehr blicken lassen.
Ich bewundere die heutigen jungen Schiedsrichter und möchte ihnen Mut und Standhaftigkeit aussprechen, wenn sie diesen Leserbrief lesen.
Manfred Hoffmann
Saarburg

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