Im Winter stemmen, im Sommer drehen

Igel · In zwei völlig unterschiedlichen Sportarten Deutscher Meister werden - geht nicht? Franz Pauly aus Igel will das Gegenteil beweisen. Nach seinem Titel im Gewichtheben will er im Juli Gold auch im Hammerwerfen.

 Hammerwerfer Franz Pauly trainiert für die deutschen Seniorenmeisterschaften – in seinem eigenen Wurfkäfig in Igel. TV-Foto: Björn Pazen

Hammerwerfer Franz Pauly trainiert für die deutschen Seniorenmeisterschaften – in seinem eigenen Wurfkäfig in Igel. TV-Foto: Björn Pazen

Foto: Bjoern Pazen (BP) ("TV-Upload Pazen"

Igel. Er dreht sich, immer schneller. Die sechs Kilogramm schwere Kugel am Stahlseil schwingt - und fliegt. Weit über den Pfahl, der auf der Wiese die 40-Meter-Marke markiert. Während im Camping-Restaurant unterhalb Urlauber und Einheimische ihren Feierabend genießen, dreht sich Franz Pauly. Immer wieder. Dann geht er auf "seine" Wiese, sammelt sein Sportgerät wieder ein, geht zurück in den Ring und dreht sich erneut.
Selbst ist der Hammermann


Bis vor rund einem Jahr drehte sich der Igeler Hammerwerfer (50) noch in der Nähe des Trierer Hafens, in der Trainingsanlage des TVG. Der Wurfkäfig fiel dann aber einer Renaturierungsfläche im Zuge des Schleusenausbaus zum Opfer. "Im Moselstadion gibt es zwar eine neue Wurfanlage, aber dort sind die Trainingszeiten sehr eingeschränkt", sagt Pauly. Ein Problem, wenn man Polizist im Schichtdienst ist.
Aber selbst ist der Hammer-Mann, der in Igel auch Gemeinderatsmitglied ist. Die Gemeinde gab ihm eine Fläche hinter dem Sportplatz, mit Unterstützung eines Architekten wurde vergangenen Herbst der Betonring gegossen, "für kleines Geld" kaufte der TVG den Käfig vom Bauhof Traben-Trarbach, und im Frühjahr wurde das neue "Trainingszentrum" aufgestellt. Zwei Wochen später war alles hinüber - ein Sturm hatte den Käfig umgerissen, alles wieder auf Anfang.
Alles begann bei Klement


Nun steht der Käfig fast wieder komplett, genau rechtzeitig für Franz Pauly, der in Igel mit den letzten verbliebenen Hammerwerfern der Region trainiert. Denn am 11. Juli muss er fit sein, dann stehen die Deutschen Senioren-Leichtathletik-Meisterschaften in Zittau an. "50 Meter sind mein Ziel. Was die anderen werfen, kann ich nicht beeinflussen", sagt Pauly, der darauf hofft, erstmals deutscher Seniorenmeister zu werden.
Eine Goldmedaille wäre ein sportliches Novum - denn vor vier Wochen war Pauly bereits Deutscher Seniorenmeister geworden, allerdings im Gewichtheben. "Ich glaube, ich wäre der Erste, dem so etwas gelingt", sagt der Vater von drei Kindern.
Seine sportliche Karriere hatte er beim legendären Hammerwurfmentor Ernst Klement begonnen, der Werfer wie Ex-Weltrekordler Karl-Hans Riehm herausbrachte. "Meine erste Urkunde stammt aus dem Jahr 1978", blickt Pauly zurück.
Nachdem er während seiner Polizeiausbildung sportlich pausiert hatte, begann er wieder, sich zu drehen. "Wenn du weiter werfen willst, brauchst du mehr Kraft, geh\' Gewichte heben", lautete Klements Aufruf 1984. Pauly ging - zu einer anderen Trierer Sportlegende, Ossi Junkes. Der Hammerwerfer fand Gefallen am Gewichtheben. "Das passte gut, im Winter heben, im Sommer werfen - und das mit deutlich mehr Kraft." Pauly wurde immer besser, schaffte es für mehrere Jahre sogar in den Bundesligakader der Kylltalheber Ehrang. Irgendwann war die große Zeit der KTH vorbei, Pauly hob aber weiter. Und wurde belohnt, vor wenigen Wochen mit seinem ersten DM-Titel der 50- bis 54-Jährigen in der Gewichtsklasse bis 75 Kilogramm. 2009 hatte er noch das Kunststück geschafft, in beiden Sportarten deutscher Vizemeister zu werden, nachdem er 1991 und 1993 bereits deutscher Polizei-Vizemeister geworden war. Aus dieser Zeit resultiert auch seine Bestweite mit dem Sieben-Kilo-Gerät: 56,52 Meter.

WM im August im Visier


Nun soll 2015 sein Jahr werden, denn nicht nur die DM steht im Kalender, auch die Leichtathletik-Senioren-Weltmeisterschaft im August in Lyon. "25 Hammerwerfer sind gemeldet, ich will in den Endkampf der besten zwölf kommen", lautet Paulys Ziel. Es ist seine zweite WM, nach der Masters-WM im Gewichtheben in Kopenhagen vor einem Jahr.
Eine Woche zuvor reist er bereits nach Lyon, zu einer exotischen Disziplin, dem leichtathletischen Gewichtwerfen. Eine 12,5 Kilo schwere Kugel an einem Eisengriff muss möglichst weit geschleudert werden. Daneben betreibt der Igeler noch Rasenkraftsport, einen Dreikampf aus Hammerwerfen, Gewichtwerfen und Steinstoßen. Fehlen eigentlich nur noch die Highland Games. Aber fürs Baumstammwurftraining müsste die Gemeinde Igel Pauly etwas mehr Platz geben.

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