Inline-Skaterhockey Eidechsen im Jagdfieber

Bernkastel-Kues · Deutschland ist nach dem phänomenalen Abschneiden der Nationalmannschaft bei Olympia im Eishockey-Fieber. Doch was tun, wenn das Angebot – wie in der Region Trier – vor der Haustür beschränkt ist? Inline-Skaterhockey könnte für Interessierte eine Alternative sein. Ein Besuch beim SFG Bernkastel-Kues.

 28.02.2018, VG-Halle, Bernkastel-Kues, GER, Spochtipedia, Inlinehockey, im Bild


Foto © Sebastian J. Schwarz

28.02.2018, VG-Halle, Bernkastel-Kues, GER, Spochtipedia, Inlinehockey, im Bild Foto © Sebastian J. Schwarz

Foto: Sebastian J. Schwarz/sjs / Sebastian J. Schwarz

Eidechsen gelten als klein, schlank und agil. All diese Eigenschaften treffen auf die Inline-Skaterhockey-Spieler in Bernkastel-Kues nicht zu, dennoch haben sie sich den Namen „Lizards“ (englisch für Eidechsen) gegeben. Aus regionaler Verbundenheit zu den Echsen in den umliegenden Weinbergsmauern. Und außerdem sehen die Konterfeis der Tiere auf den Trikots auch richtig gut aus.

Die meisten Spieler, die in der Verbandsgemeindehalle im Kueser Schulzentrum an diesem Abend unterwegs sind, haben eine hohe Affinität zum Eishockey. Bitburg als einziger Standort in der Region ist vielen aber zu weit entfernt. Deshalb toben sie sich vor der Haustür bei der Variante ohne den gefrorenen Untergrund aus.

Zum Stamm gehören derzeit 15 Spieler. Der jüngste ist 15 Jahre alt, der Senior 63. „Ich bin zwar der Älteste, aber nicht der Schlechteste“, sagt Bolek Wazgird, früher Judoka und diplomierter Sportlehrer. „Inline-Skaterhockey ist Adrinalin pur“, sagt er. Wer mitmachen will, brauche eine gewisse Furchtlosigkeit und Kampfeswillen: „Blaue Flecken spüren wir immer erst am nächsten Tag.“

Sein Sohn Marian Wazgird, hauptamtlicher Mitarbeiter beim SFG Bernkastel-Kues, bestätigt: „Man sollte ein bisschen was abhaben können.“ Doch brutal geht’s keineswegs zu, zumal Fouls und unfaire Aktionen wie im Eishockey mit (Zeit-)Strafen geahndet werden. „Haken mit dem Schläger, Checks gegen den Kopf oder mit dem Ellbogen sind nicht erlaubt“, gibt Waz­gird Beispiele.

Wer mitmachen will, sollte vernünftig Inline-Skates fahren können. „Man muss die Grundtechniken beherrschen, schließlich geht’s gut mit Tempo zur Sache“, sagt Marian Wazgird. Die notwendige Kondition dagegen komme mit regelmäßigem Training. Ebenso die Taktikschulung, für die sich die Bernkastel-Kueser wertvollen Rat beim ehemaligen Inline-Hockey-Nationalspieler und Eishockey-Profi Falk Elzner (siehe Interview unten) einholen können. „Die Zeiten, in denen jeder hip-hip-hurra dem Ball hinterhergestürmt ist, sind vorbei“, sagt Wazgird.

Manchmal spielen die Lizards mit einem Hallenpuck, lieber jedoch jagen sie einem Ball hinterher. Wazgird: „Er lässt sich leichter um die Kurven zielen und besser lupfen.“ Der Hartplastikball bekommt bei Schüssen viel Tempo drauf – entsprechend schmerzhaft kann es werden, wenn man ihn abkriegt. Kein Wunder, dass die Spieler genauso geschützt sind wie Eishockey-Cracks. „Helm, Hose, Knieschoner, Brustpanzer“ – all das gehört auch in der Halle zur Ausrüstung“, erläutert Wazgird junior. Auch die Schläger sind die gleichen wie auf dem Eis.

Um den Hallenboden nicht zu ruinieren, sind sie aber präpariert – entweder mit abgeklebten Kellen oder Softkellen. Damit keine Schäden entstehen, sind zudem an den Inline-Skates besonders weiche Reifen montiert.

Gespielt wird mit Banden. In der Kueser Halle dienen dazu die Wände und eingefahrenen Tribünen. In den Ecken sind jeweils zwei Turnbänke als Banden quergelegt. Für eine spezielle Umrundung des Spielfelds aus Plastik fehlt das Geld. Gespielt wird auf Tore, die von den Ausmaßen denen im Eishockey ähneln.

Manche Spieler haben spezielle Inline-Skates an den Füßen. Die beiden vorderen Räder haben einen Durchmesser von 78 Millimetern, die beiden hinteren sind etwas größer (80 Millimeter). „Mit ihnen lässt sich besser beschleunigen“, sagt Wazgird.

Es geht hin und her. Alle zwei bis drei Minuten wird fliegend gewechselt. Gespielt wird vier gegen vier oder fünf gegen fünf – plus Torwart. Die Eidechsen bestreiten Freundschaftsspiele und Turniere. „Es geht bei uns nicht ums Geld, sondern um den Spaß“, sagt Marian Wazgird.

Freundschaftsspiele gehen über drei mal 20 Minuten, bei Turnieren dauern Partien meist 15 Minuten. Die Lizards haben mal mit dem Gedanken gespielt, an einem regulären Spielbetrieb teilzunehmen. Doch die nächste Hobby-Liga ist in Mannheim angesiedelt – wöchentliche Fahrten dorthin wären für die Moselaner zu aufwendig.

Die Abteilung beim SFG Bernkastel-Kues firmiert unter dem Namen Inline-Hockey. Und das, obwohl sie ja der reinen Lehre nach Inline-Skaterhockey spielen. Worin der Unterschied zwischen beiden Begriffen genau besteht, erläutert Elzner im Interview unten auf dieser Seite.

Die Wurzeln der Kueser Inline-Skaterhockey-Truppe reichen zurück in die 1990er Jahre. Ein Mann der ersten Stunde, Jürgen Leyendecker, ist heute noch mit dabei. „Ein in Spangdahlem stationierter Amerikaner hatte damals Streethockey nach Zeltingen gebracht. Wir haben das im Ort dann auf dem Schulhof gespielt“, erinnert er sich. Über einen Inline-Kurs in Traben-Trarbach wechselte die Gruppe in die Halle. Als dort ein paar Jahre später der Hallenboden neu gemacht wurde, zog der Tross nach Bernkastel-Kues um.

 28.02.2018, VG-Halle, Bernkastel-Kues, GER, Spochtipedia, Inlinehockey, im Bild


Foto © Sebastian J. Schwarz

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 Beim Inline-Hockey wird mit einem Hartplastikball gespielt.

Beim Inline-Hockey wird mit einem Hartplastikball gespielt.

Foto: TV/Mirko Blahak
 Manche Spieler tragen beim Inline-Hockey spezielle Inline-Skates, mit unterschiedlich großen Rädern.

Manche Spieler tragen beim Inline-Hockey spezielle Inline-Skates, mit unterschiedlich großen Rädern.

Foto: TV/Mirko Blahak

Bolek Wazgird hat wie die anderen mit großer Spannung verfolgt, wie die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft mit dem Gewinn von Silber bei den Olympischen Winterspielen Geschichte geschrieben hat. Leise schwingt die Hoffnung mit, auch etwas vom nun erhofften Boom in Deutschland spüren zu können. Wazgird: „Vielleicht wird Inline-Hockey jetzt auch in kleineren Städten populärer.“

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