Jäger und Betrüger: Wer piesackt wen?

Bonn · "Sieht London saubere Spiele?" Diese Frage hat die Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) bei einem Workshop in Bonn gestellt. Die Antwort wird wohl Nein lauten - allen Anstrengungen zum Trotz.

Bonn. Um in Deutschland Betrüger im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2012 auszubremsen, legt die Nada ein großes Augenmerk auf die nächsten Monate. Doch wie effektiv kann die Arbeit der Doping-Jäger sein? 30 Mitarbeiter zählt die privatrechtliche Stiftung. Die von ihr mit der Organisation von Doping-Kontrollen beauftragte Firma PWC GmbH schickt an die 150 Leute los. Das Budget der Nada wird 2012 nicht mehr als die bisherigen 4,5 bis 4,7 Millionen Euro betragen. 2013 soll der Bundes-Zuschuss in Höhe von einer Million Euro wegfallen.
Trotzdem möchte die Nada mehr Wettkampfkontrollen übernehmen, in mehreren Risikosportarten ein Blutpass-Programm etablieren, für mehr Verbände das Sanktionsverfahren organisieren und die Prävention stärken. Zusätzliche Aufgaben bei gleichbleibenden Mitteln - das klingt nach einer Quadratur des Kreises. Daher bastelt die Nada an ihrer Effektivität. Dank einer seit mehreren Monaten bestehenden Task Force soll die Zusammenarbeit mit den staatlichen Ermittlungsbehörden, dem Bundeskriminalamt, dem Zoll und den Laboren in Köln und Kreischa intensiviert werden. Zudem sollen Testverfahren weiter ausdifferenziert und gezielter eingesetzt werden.
Kann damit betrugswilligen Sportlern, Medizinern und Händlern wirkungsvoll entgegnet werden? Es wäre zu schön, um wahr zu sein. Denn auch die Betrüger schlafen nicht. Neue Wirkstoffe kommen auf, für die es noch keine Tests gibt. Zudem raffinierte Methoden, mit denen versucht wird, die Einnahme verbotener Substanzen zu verschleiern oder zu legalisieren. Ganz zu schweigen vom immer verzweigter werdenden Handel mit unerlaubten Mitteln.
Da verbotene Stoffe oft nur kurzzeitig nachweisbar sind, soll weltweit der indirekte Beweis künftig eine größere Rolle spielen. Deshalb Blutpass-Programme. Indem bestimmte Blutwerte dauerhaft überwacht werden, können Auffälligkeiten sichtbar gemacht werden. Solch eine Beweisführung ist jedoch nicht nur teuer, sie dürfte auch immer wieder zu juristischen Auseinandersetzungen führen.
Weltweit gilt der Anti-Doping-Kampf in Deutschland als wegweisend. Doch selbst wenn das so sein sollte, wäre die Bundesrepublik keine Insel der Glückseligen. In vielen Ländern existieren andere, zum Teil laschere Bestimmungen.
Eine Randnotiz dazu: In Spanien hat der Oberste Gerichtshof nach einem Einspruch des nationalen Radsportverbands nächtliche Dopingtests zwischen 23 Uhr und 6 Uhr für ungültig erklärt. Aus Sicht der Nada ein fatales Signal.
Grundsätzlich muss nicht nur die Zahl von Kontrollen, sondern auch deren Qualität hinterfragt werden. Was nützen Urin- oder Blutproben, wenn sie teilweise - aus welchen Gründen auch immer - nicht auf die entscheidenden Wirkstoffe hin untersucht werden? Auch in diesem Bereich scheint international der Angleichungsprozess erst am Anfang zu stehen. bl

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