Reden ist Silber, schießen ist Gold

Konz · Der erste Frost ist da - und damit auch das Ende der TV-Serie "Sport im Sommer - Die Reportage". Für den letzten Teil hat TV-Reporterin Rebecca Schaal bei der TG Konz einen Pfeil, aber nicht den Vogel abgeschossen.

Konz. Eine Art weiblicher Robin Hood. Oder Arwen, die Elbe - ein Fabelwesen - aus dem Fantasy-Epos "Herr der Ringe". Stark jedenfalls, mutig natürlich, und - klar - entspannt und locker: So habe ich es mir vorgestellt, wenn ich Bogen schieße. In meinen Wunschträumen jedenfalls. Die Realität aber hat eine Haartolle und singt "In the Ghetto". Doch während Elvis Presley seine Hüfte (so vermute ich zumindest) stets absichtlich kreisen ließ, will meine nicht so wie sie soll. Immer wieder knickt meine Hüfte weg, sei es auch nur um einen Zentimeter. Aber der kann beim Bogenschießen schon entscheidend sein. Und so ist das die erste Lektion, die ich an diesem Freitagabend auf dem Gelände an der Wiltinger Kupp in der Nähe von Konz lerne: Körperbeherrschung ist extrem wichtig. Die richtige Beinhaltung, seitwärts zum Ziel. Der Arm gestreckt, den (in meinem Fall) Anfängerbogen fest und ruhig in der Hand, die Bewegungen fließend und geschmeidig.
Sport im (Spät-)Sommer Die Reportage


Soweit die Theorie. Doch was die Bogenschützen der TG Konz wie im Schlaf beherrschen, bereitet mir eher schlaflose Nächte. Wo fasse ich die Sehne an, wo den Bogenarm? Was machen meine Schultern in der Zeit? Und warum zittert mein Arm schon nach den ersten Versuchen? Jutta Weyand, seit fast 20 Jahren Trainerin, hat glücklicherweise den Bogen raus, sie findet eine gute Mischung zwischen motivieren und korrigieren. Das muss auch sein, denn: "Die richtige Bewegungsabfolge schon von Anfang an zu lernen, ist enorm wichtig", sagt sie. Schleichen sich einmal Fehler ein, sind sie nur mühsam zu korrigieren. Da ist gerade zu Beginn Ausdauer gefragt. Und während Bogenschießen kein Sport ist, bei dem Verletzungen allzu häufig vorkommen, kann die falsche Haltung oder ein falscher Bogen Rücken- oder Schulterprobleme hervorrufen.
Einfach mal drauflos schießen, das gibt es hier nicht. Was uns zur nächsten Anforderung an Bogenschützen bringt: Disziplin. Denn wo Konzentration so wichtig ist, sind geräuschvolle Gespräche oder wilde Alleingänge nicht erwünscht. "Laute Rabauken sind hier fehl am Platz", macht Trainerin Weyand unmissverständlich klar. Und tatsächlich: Sie hat ihre Schützlinge gut im Griff. Wenn alle ihr Pulver - oder in diesem Fall ihre Pfeile - verschossen haben, stellen sie ihre Bögen in den Bogenständer und ziehen gemeinsam los, um ihre Pfeile wieder einzusammeln.
Faszinierenderweise in gemächlichem Tempo, ja, fast bedächtig. Keine Hektik, keine Unruhe. Genau in diesem Moment merke ich, was Jutta Weyand meint, wenn sie sagt: "Wer hier aufgewühlt und mit schlechter Laune hinkommt, der geht ganz ruhig und entspannt wieder nach Hause." Ich bin beeindruckt. Auf dem Rückweg gibt\'s ein paar kurze Gespräche, einige Lacher. Und schon kehrt wieder Ruhe ein.
Es sei "die Mischung aus Konzentration und Kondition", die ihn am Bogensport fasziniere, sagt Arno Kopp, "die Kombination aus körperlichem Sport und meditativen Elementen". Sein Sohn Daniel, nur einer von vielen jungen Nachwuchsschützen, antwortet da schon mit weit weniger Worten auf die Fragen der neugierigen TV-Reporterin mit den komischen Hüftwacklern. "Es macht Spaß." Das muss für heute reichen. Reden ist Silber, schießen ist Gold.
Nachhalten statt abschalten


Eine Disziplinlosigkeit leiste ich mir dann übrigens doch, und das gleich beim ersten Versuch. Vor lauter Freude, dass der Pfeil nicht an Freund und Feind vorbeischießt, werfe ich nach dem Lösen der Sehne die Arme in die Luft und juble: "Treffer!" Oh ja, richtig. Und: böser Fehler! Denn zum Bewegungsablauf gehört auch das Nachhalten - der Schütze verbleibt nach dem Abschuss des Pfeils noch einige Sekunden in der Position, damit er sich innerlich schon auf den nächsten Schuss vorbereiten kann.
Trotzdem bin ich nach der Stunde recht zufrieden mit mir. War ja nach einigen Startschwierigkeiten ganz in Ordnung, und es hat riesigen Spaß gemacht. Bis zum nächsten Morgen. Vielleicht hätte es mich doch stutzig machen sollen, als Jutta Weyand von Muskeln sprach, die sonst nie beansprucht werden. Bei mir schmerzt so ziemlich alles zwischen Schulter und Hüfte - auf beiden Seiten. Die Idee mit dem Dasein als Elvis-Double hat fürs Erste also doch ausgedient.Extra

Die Bogenschützen der TG Konz: Momentan sind in Konz mehr als 30 Schützen aktiv - im Alter zwischen zehn und 71 Jahren. Trainiert wird zumeist zweimal pro Woche. Interessenten können sich per E-Mail ( bogensport@tgkonz.de) an den Verein wenden. Aus der Region sind neben der TG Konz folgende Vereine Mitglied im Deutschen Schützenbund: St. Sebastianus Schützenbruderschaft Trier, PSV Trier, PSV Wengerohr, SSC Hubertus Haag, Schieß- und Sport-Club Müllenborn, BSC Ürzig. Wichtige Begriffe des Bogensports: Alle ins Gold: Bogenschützen-Gruß derjenigen, die die olympische Disziplin des Bogenschießens betreiben. Ankerpunkt: Ein bestimmter Punkt - üblicherweise im Gesicht des Bogenschützen -, der beim Spannen des Bogens von der Zughand berührt wird. Befiedern: Versehen des Pfeilschafts mit Weichplastikfahnen oder Naturfedern. Egal, aus welchem Material die Befiederung besteht: Sie dient immer dazu, den Pfeilflug zu stabilisieren. Klicker: Kleine Metallzunge, die am Schussfenster vor der Pfeilauflage montiert wird. Dient der Kontrolle eines gleichmäßigen Auszugs. Köcher: Aufbewahrungsbehältnis für Pfeile. Lösen: Loslassen der Sehne beim Schuss. Wurfarme: Oberer und unterer Teil des Bogens, in dem die Energie gespeichert wird und der sich beim Auszug biegt. Zughand: Die Hand, die die Sehne festhält. bec/red

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