Schlaftablette und Beruhigungspille

Amsterdam · Für die Fans ist die Nullnummer zwischen Deutschland und den Niederlanden sicher kein Leckerbissen gewesen. Doch Bundestrainer Joachim Löw wollte allzu viel Kritik erst gar nicht aufkommen lassen.

Amsterdam. Nullnull. Das Spiel ging mit Nichts zu Ende, kein Sieger, kein Verlierer, keine Tore. Gedrosselter Einsatz, gepflegte Zurückhaltung, wenig Torszenen, kaum Höhepunkte. Nachdem die deutsche Fußball-Nationalmannschaft zum Abschluss des Jahres 2012 gegen die Niederlande ein klassisches Testspiel, sprich einen total langweiligen Auftritt, abgeliefert hatte, drückte Bundestrainer Joachim Löw dennoch seine Zufriedenheit aus. Er wählte nach der von Taktik und Disziplin geprägten Nullnummer in Amsterdam die Begriffe Stabilität und Balance, an denen er sein Lob für seine Spieler festmachte. "Das war ein gutes Spiel", urteilte er. Das 4:4 gegen Schweden hatte Wirkung hinterlassen.
"Keine Mannschaft wollte einen Fehler machen, keine wollte verlieren. Deshalb sah es etwas zäh aus", sagte Manuel Neuer. "Es war kein Spektakel, das wir abgefackelt haben", erklärte Mats Hummels. Dass die Null stand, kein Gegentor kassiert wurde, war das Hauptziel des Teams, das Löw doch eigentlich zum Angriffsfußball erzogen hat. "Es ist ein gutes Gefühl. Nach den vier Gegentoren gegen Schweden waren wir und die Öffentlichkeit besorgt, ob es klappt oder nicht, die Null zu halten", sagte Benedikt Höwedes.
"Die Deutschen haben uns in der ersten Halbzeit vom Feld gespielt. Sie waren total dominant", lobte Hollands Coach Louis van Gaal die Deutschen. Auch er war wie Löw nur darauf aus, keine Niederlage zu kassieren. "Das Spiel war vielleicht nicht so attraktiv, aber es war gut", sagte van Gaal. Bei vielen, die 100 Euro oder auch weniger für das Zuschauen zahlen mussten, überwog sicher die Enttäuschung.
Schlechteste Bilanz seit 2004


Mit dem Abschluss der Länderspiele in diesem Jahr steht folgende Bilanz: Mit vier Niederlagen bei zwei Unentschieden und acht Siegen wurde die schlechteste Bilanz seit 2004 aufgestellt. Damals, als Löw als Bundestrainer-Assistent zusammen mit Jürgen Klinsmann nach einer katastrophalen EM in die DFB-Dienste trat, wurde in Verbindung mit deutschen Fußballern von "Rumpelfüßlern" gesprochen.

Das ist acht Jahre später nicht einmal mehr andeutungsweise der Fall. Das Team, dem in Amsterdam acht Stammkräfte fehlten, zeigte große technische Reife. Die Holländer, ihres Zeichen immerhin Vize-Weltmeister und zuletzt in vier WM-Qualifikationsspielen viermal erfolgreich, zeigten größten Respekt vor der DFB-Elf. Die positive Erkenntnis aus der Nullnummer lautet: Die nachdrängenden Spieler besitzen genug Klasse, um Lücken zu füllen.
Mehr Niederlagen (fünf) in einem Jahr gab es zuletzt 1984, ebenfalls eines der dunkelsten Jahre des deutschen Fußballs. Doch diese Zahlen interessieren Löw sowieso nicht. Seit dem Aus im EM-Halbfinale wird aber die Diskussion geführt, ob der von Löw verordnete Stil der richtige ist, ob sein Team überhaupt in der Lage ist, Titel zu gewinnen, und ob das mit Löw erreichbar ist.

"Im Großen und Ganzen kann man zufrieden sein. Aber für ein perfektes Jahr hätten wir das Halbfinale und Finale gewinnen müssen", sagte Hummels. "Es war ein positives Jahr. Wir haben den Sieg im Sommer zwar verpasst, aber wir haben Erfahrungen gesammelt", erklärte Neuer, der gestand, dass der Druck seit dem 4:4 hoch war: "Die letzten Wochen waren nicht einfach für die Nationalspieler, weil sie unter Druck standen. Wir haben uns nichts anmerken lassen."Extra

Joachim Löw hat in den 14 Länderspielen des Jahres 2012 insgesamt 30 Spieler in der Nationalmannschaft eingesetzt. Die meisten Partien bestritten Mesut Özil (Real Madrid), Thomas Müller (Bayern München) und Miroslav Klose (Lazio Rom), die jeweils auf 13 Einsätze kommen. Spielmacher Özil stand mit 1089 Minuten auch am längsten auf dem Platz. Mit sechs Treffern (davon drei Elfmetern) war Özil auch der erfolgreichste Torschütze vor dem Dortmunder Marco Reus (5) sowie den Angreifern Mario Gomez (Bayern München) und Klose (je 4). Die 32 Tore bei den acht Siegen, zwei Unentschieden und vier Niederlagen verteilen sich auf 15 Spieler. Drei Akteure feierten 2012 ihr Länderspiel-Debüt: Der Gladbacher Torwart Marc-André ter Stegen und Julian Draxler (FC Schalke) jeweils beim 3:5 gegen die Schweiz sowie als Neuling Nummer 53 in der Amtszeit von Löw der Schalker Roman Neustädter beim 0:0 gegen die Niederlande. dapd

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