Schönes Erlebnis, schlechtes Ergebnis

Kaiserslautern · Das 3:3-Unentschieden gegen Paraguay hat eine Debatte neu befeuert: Wie viel Offensivgeist verträgt die deutsche Fußball-Nationalmannschaft? In der Diskussion wächst die Skepsis gegenüber Bundestrainer Joachim Löw.

Kaiserslautern. Immerhin eins kann der deutschen Fußball-Nationalelf nicht mehr vorgeworfen werden. Die Zeiten, in denen sie den Zuschauern in Freundschaftsspielen nichts für deren Eintrittsgeld geboten hat, sind vorbei. Stattdessen gibt\'s jetzt Offensivspektakel. Alle Mann nach vorne - egal, was hinten passiert. Torfestivals statt trübe Nullnummern, wie sie vor mehreren Jahren öfters einmal vorkamen.
Was geblieben ist: Beides lässt dem Beobachter letztlich die Haare zu Berge stehen. Was helfen schöne Erlebnisse, wenn die Ergebnisse trotzdem schlecht sind?
Beim 3:3-Testremis zum Auftakt in die WM-Saison gegen Paraguay ließ sich die deutsche Abwehr auf dem Kaiserslauterer Betzenberg mehr als einmal übertölpeln. Was Victor Genes, den neuen Trainer der Südamerikaner, diebisch freute: "Wir hatten eine lange Anreise und die Zeitverschiebung zu verkraften. Dann ist es natürlich großartig, gegen einen so großen Gegner mit einem sehr guten Trainer drei Tore zu schießen."
Löw gerät nicht in Panik


Der "sehr gute Trainer" steht hierzulande derweil in der Kritik. Weil er in der Defensive den Laden momentan nicht dicht bekommt. Joachim Löws immer wieder propagierter Offensivgeist - einfach zu viel des Guten?
"Wir haben in den vergangenen Spielen zu viele Gegentore kassiert. Unser System ist offensiv ausgelegt. Wir haben die Spieler, um die Abwehrschwächen abzuschalten", gibt sich Stürmer Miroslav Klose optimistisch.
Er nimmt sich dabei selbst in die Pflicht: "Ich bin als Angreifer auf dem Feld der erste Abwehrspieler. Vor dem 0:1 hätte ich früher stören können."
Löw machte im Spiel gegen Paraguay elementare individuelle Fehler in der Abwehr aus (Mats Hummels vor den Gegentoren eins und drei). Er sieht aber ebenfalls das gesamte Team in einer Bringschuld: "Vor der Pause haben wir dem Gegner im Mittelfeld zu viel Platz bei der Ballannahme gelassen."
In Panik gerät Löw nicht. Die Konzentrationsschwächen und die fehlende Frische bei manchen Akteuren seien auch durch den frühen Spieltermin in der neuen Saison bedingt. Mehrere Nationalspieler haben noch keine Wettkampfpraxis, weil sie mit ihren Mannschaften erst am Ende der Vorbereitung stehen (Klose, Gomez, Özil, Khedira, Podolski, Mertesacker, Schürrle).
"Ich bin absolut überzeugt, dass die Mannschaft im September eine verbesserte Form zeigt. Wir werden uns stabilisieren", sagt Löw. Dann kann die DFB-Auswahl in den Qualifikationsspielen gegen Österreich (6. September in München) und auf den Färöer vielleicht schon die Tickets zur Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien lösen. Dazu muss das Team aber anders auftreten. Torwart Manuel Neuer: "So können wir gegen Österreich nicht spielen. Das war ein Warnschuss. Aber es war das erste Spiel der Saison, da läuft noch nicht alles rund."
Kritik an Pfiffen gegen Gomez: Mit Unverständnis hat Nationalmannschaftskapitän Philipp Lahm auf die Unmutsäußerungen einiger Zuschauer bei der Einwechslung von Stürmer Mario Gomez im Spiel gegen Paraguay reagiert: "Diese Pfiffe gegen einen eigenen Spieler kann ich überhaupt nicht verstehen. Das kann die Mannschaft nicht akzeptieren. Das geht gar nicht."

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