Sport TV-Serie Spochtipedia: Squash - Schach mit Schläger und Gummiball
Konz · Von der Faszination, die Gummikugel in einem Käfig abwechselnd gegen eine Wand zu dreschen – Taktik und Fairness sehr wichtig.
Der Court hat mich wieder. Gut zwei Jahrzehnte nach einigen fetzigen Partien während meiner Studentenzeit will ich es noch mal wissen und nehme den Squash-Schläger in die Hand. Einfach so loslegen ist aber nicht. Georg Brackmann, der Squash-Spezialist im Freizeittreff Fahl in Konz und einst selbst in deutschen (Senioren-) Ranglisten weit vorne zu finden, legt Wert auf die wichtigsten Techniken und Grundprinzipien.
„Im Squash wird das strategische Denken ganz großgeschrieben“, lässt der 58-Jährige durchblicken. Was bin ich einst im (zumindest meist auf einer Seite) gläsernen Rechteck gesprintet und sogar gehechtet. „Mit Kopf spielen ist sehr wichtig“, sagt Schorsch, so nennen sie ihn in der Sportszene am Saar-Mosel-Eck. Mit dem richtigen Auge und überlegten Schlägen lassen sich so kraftraubende Wege sparen.
Bedeutend sei es, das Zentrum des 9,75 Meter langen und 6,40 Meter breiten Courts zu kontrollieren. Jeder Spieler will sich viele Optionen schaffen. Der Gegner darf nicht wissen, wo der nächste Angriff stattfinden wird. „Squash ist eine Art von Schach“, lacht er während eines Ballwechsels, in dem ich erneut den Kürzeren ziehe.
Immer wieder geht es nach den abwechselnden Schlägen darum, die Grundposition einzunehmen, in der Nähe der T-förmigen Linie in der Mitte. Dank seiner jahrelangen Erfahrung schafft es der Schorsch mit großer Präzision, den kleinen Gummiball, der erst mal warmgespielt werden muss, damit er schnell wird (englisch: to squash = zusammendrücken, zerquetschen), unmittelbar entlang der Außenwand zu platzieren. Dort kommt es dann auch öfters mal zum heftigen Aufprall des Graphit-Schlägers, dem bisweilen sogar ein Stück Beton zum Opfer fällt. Auch im Squash-Center in Konz deuten einige Spuren von vehementen Kämpfen gegen und mit der Wand hin.
Zwischen den Schlägen darf der Ball den Boden nur einmal berühren oder muss in der Luft schon geschlagen werden, also volley – ob mit Seiten- oder Rückwandberührung, spielt dabei keine Rolle.
Ein Satz geht bis elf Punkte – jeder Punkt zählt. Bei 10:10 gewinnt der Spieler den Satz, der zuerst zwei Punkte Abstand hat. Es siegt derjenige, der zuerst drei Sätze gewonnen hat. Auf ein richtiges Match verzichten der Schorsch und ich aber. Zu groß ist der Unterschied zwischen seinen klugen und kraftvoll vorgetragenen Schlägen und meinen Versuchen, mit (allzu viel) Laufarbeit dagegenzuhalten.
Und trotz der ungleichen Kräfteverhältnisse macht das Ganze auch mir gleich wieder Laune. Es quietscht und knallt im Court. Action pur. Der Gummiball kommt mit jedem Schlag mehr in Form. Der Schweiß fließt schnell, der Puls geht hoch.
Das ist schon was anderes als die gemächlichen Fünf-Kilometer-Läufe nach Feierabend oder die Radtouren entlang von Saar oder Mosel mit diversen Pausen, in denen der Flüssigkeitsverlust (weit mehr als nur) kompensiert wird.
Disziplin und Fairness, mahnt der Schorsch an, sind beim Squash von besonderer Bedeutung. Dem Gegner müsse direkt nach dem eigenen Schlag die Möglichkeit gegeben werden, an den Ball kommen zu können. Versperrt man den Weg, schreitet bei offiziellen Spielen der Schiedsrichter ein – und kann dem benachteiligten Gegenspieler gar auch direkt den Punkt zusprechen.
Auch Hobbyspieler schaffen es, das Spielgerät mit weit über 100 Stundenkilometern durch den Käfig zu jagen. Der Ball passe genau ins Auge und könne so für schwerwiegende Verletzungen sorgen, heißt es schon mal. Viel gesehen und jede Menge Partien absolviert hat der Schorsch seit Anfang der neunziger Jahre, früh bereits eine Trainerlizenz erworben, die Squasher des SC Konz bis in die Regionalliga geführt und mit den Luxemburgern aus Ettelbrück sogar Champions-League gespielt. „Dass jemand den Ball tatsächlich ins Auge bekommen hat, habe ich noch nicht erlebt“, stellt er fest. Wildes Hantieren mit dem Schläger und ein Verletzen des Spielpartners ist da schon ein wahrscheinlicheres Szenario. „Das hat oft mit übertriebenem Ehrgeiz und Rücksichtslosigkeit zu tun“, sagt der Schorsch.
Sprinten, taktieren, in hektischen Situationen die Ruhe bewahren: Das ist es, was für ihn nach wie vor den Reiz beim Squash ausmacht. Auch ich habe Blut geleckt, will wiederkommen. Ich bin (wieder) infiziert vom Schach mit Schläger und Gummiball.