Stress macht Kinderknochen brüchig

Das Stresshormon Cortisol verringert die Knochenstabilität bei Kindern und Jugendlichen. Schon eine geringe Überproduktion dieses Stresshormons kann die Knochenstabilität deutlich beeinträchtigen.

Das zeigt eine aktuelle Studie der Universität Bonn.
An den Untersuchungen nahmen 175 gesunde Kinder und Jugendliche im Alter von sechs bis 18 Jahren teil. Sie gaben im Abstand eines Jahres zwei Urinproben ab. Zum Zeitpunkt der zweiten Probe untersuchten die Forscher bei jedem Teilnehmer im Computertomographen den Unterarm. Dabei erkannten sie, dass der Unterarm-Knochen umso fragiler war, je mehr Cortisol und Cortisol-Umbauprodukte im Urin zu finden waren. Einen Mangel an Nährstoffen, die für den Knochenaufbau wichtig sind, konnten die Forscher bei den betroffenen Kindern nicht nachweisen.
"Die Mädchen und Jungen waren völlig gesund und weder zu dünn noch zu dick", erklärt Professor Dr. Thomas Remer, der Leiter der Studie. "Die im Urin gemessenen Cortisol-Mengen waren zwar bei manchen Teilnehmern höher als bei anderen, sie waren aber immer im Bereich, der als normal gilt. Es handelt sich also um natürliche Schwankungen. Dennoch wirken sich leicht höhere Werte bereits deutlich auf die Knochenstabilität aus."
Cortisol wird jedoch nicht nur bei Stress gebildet, sondern auch bei einer Übersäuerung des Körpers durch einseitige Ernährung. Beispielsweise steigt der Säurespiegel durch den übermäßigen Verzehr von Fleisch und Wurst, Backwaren, Süßem, Cola und anderen Softdrinks. Thomas Remer geht davon aus, dass eine Übersäuerung den Cortisolspiegel auch bei Kindern und Jugendlichen in die Höhe treibt.
Cortisol produziert der Körper in den Nebennierenrinden, die auf den Spitzen der Nieren sitzen. Cortisol ist ein lebenswichtiges Hormon, das unter anderem Entzündungen hemmt, bei Stress aber auch den Blutzuckerspiegel erhöht und Fettsäuren freisetzt.
Cortisol wird auch als Medikament eingesetzt. Die synthetisch hergestellte Form heißt Hydrocortison. Schon seit Jahrzehnten ist bekannt, dass Varianten mit vielfach stärkerer Wirkung zu Knochenschwund führen können, wenn sie in hoher Dosis über lange Zeit verwendet werden. Neu ist aber, dass bereits die vom Körper natürlicherweise produzierten Cortisol-Mengen einen negativen Effekt bei Kindern haben können. Diese Erkenntnis ist auch wichtig, weil Knochenkrankheiten im Erwachsenenalter oft schon in der Jugend wurzeln. Denn wenn in jungen Jahren zu wenige Mineralien in die Knochen eingebaut werden, leidet deren Stabilität langfristig. Eine mögliche Folge kann Jahrzehnte später etwa eine Osteoporose (Knochenschwund) sein.
Derzeit untersuchen die Wissenschaftler in einem Anschlussprojekt, ob sich der Cortisol-Spiegel im Körper durch eine gezielte Ernährung senken lässt. "Erste Vorergebnisse deuten darauf hin, dass eine ausreichende Versorgung mit Obst und Gemüse helfen kann", berichtet Remer. Studien mit Erwachsenen haben gezeigt, dass eine obst- und gemüsereiche Kost den Cortisolspiegel senken kann. Äpfel, Orangen, Kartoffeln oder Brokkoli sind also möglicherweise gut für die Knochengesundheit. "Wir gehen davon aus, dass eine solche Ernährung auch bei Kindern und Jugendlichen zu einer Senkung des Cortisolspiegels führt", sagt Remer. "Damit Kinder stabile Knochen entwickeln, ist es wichtig, sie so früh wie möglich an Obst und Gemüse zu gewöhnen." Diese Nahrungsmittel vermindern die Säure im Körper.
Schwache Knochen bedeuten nicht nur ein erhöhtes Osteoporose-Risiko, sondern steigern auch das Risiko, eine Herzschwäche (Herzinsuffizienz) zu entwickeln. Das haben Forscher der Universitäten Köln und Cambridge herausgefunden. "Selbst bei scheinbar gesunden Menschen gibt es einen Zusammenhang zwischen einer niedrigen Knochendichte und dem Risiko einer Herzschwäche", erläutert Privatdozent Dr. Roman Pfister von der Uniklinik Köln. Die Mediziner hatten über einen Zeitraum von neun Jahren die Gesundheitsdaten von 13 666 Menschen im Alter von 42 bis 82 Jahren analysiert, die dem Augenschein nach gesund waren. Dennoch fielen 380 Fälle von Herzinsuffizienz auf.

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