Tour de France: Das ist ja wohl das Letzte

Saint-Étienne · Wie der Brite McLay dem Feld hinterherradelt.

Tour de France: Das ist ja wohl das Letzte
Foto: Yorick Jansens (g_sport

Saint-Étienne In drei Stunden und 24 Minuten kann man allerhand anstellen. Man kann sich beispielsweise zwei Kinofilme nacheinander ansehen, das Champions-League-Finale mit Verlängerung, Elfmeterschießen und Siegerehrung genießen oder auch einen erfrischenden Mittagsschlaf halten. Das weiß auch Daniel McLay. Der Mann aus dem Profiteam Fortuneo-Oscaro ist ein exzellenter Radsportler, radelt aktuell bei der Tour de France mit, oder besser gesagt hinterher. Denn Daniel McLay ist Letzter, Allerletzter - 175. um genau zu sein. Jedenfalls bis zum Start der Etappe am Dienstag.
Auf den Gesamtführenden Chris Froome hat McLay jenen Rückstand von 3 Stunden, 24 Minuten und 19 Sekunden. Und dennoch ist er ein Held dieser Tour de France und kein abgeschlagener No-Name-Hinterher-Radler. Im Hotel Clair Matin in Le Chambon-sur-Lignon hielt sich der Medienaufwand am Montagabend in Grenzen.
Neben der Equipe Fortuneo-Oscaro mit Daniel McLay waren in dem kleinen Ort vor den Toren von Saint-Étienne nur noch die Teams von AG2R La Mondiale und Trek Segafredo untergebracht.
McLay ist ein ganz exquisiter Sprinter. Ein Mann für die letzten Meter. Einer, der im vergangenen Jahr hinter den Assen Mark Cavendish und Marcel Kittel auf einer der Sprinter-Etappen Rang drei belegt hatte. Doch dieses Jahr, das ist so gar nicht seins. Bekanntlich lieben die wenigsten Sprinter die Berge, so auch McLay. Auf der Sonntag-Etappe von Laissac-Sévérac nach Le Puy-en-Velay war er früh abgehängt. "Die Berge und ich werden keine Freunde, das ist klar. Aber ich weiß nicht, woran es lag, dass ich so fürchterlich einbrach. Ich hatte genug gegessen. Aber irgendwann war ich allein da hinten", erzählt McLay.
Den gefürchteten Hungerast, der dem Athleten die letzte Kraft aus dem Leib zieht, hatte der 25-Jährige nicht. An diesem Tag, das wusste er, würde es nur noch darum gehen, das Zeitlimit nicht zu überschreiten. Zu einem Grupetto, wie die Fahrer am Schluss des Feldes den Zusammenschluss der Leidenden nennen, hatte es nicht mehr gereicht. "Ich hatte in den Pyrenäen und im Zentralmassiv viel an Zeit verloren. Das summiert sich dann. Irgendwann war ich dann halt hinten allein. Aber aufgeben wollte ich nicht", betont der Brite.
Es sind jene Momente, die dem Rennen, das dann keines mehr ist, den Namen Tour der Leiden gegeben haben. Doch Daniel McLay wäre nicht Daniel McLay, wenn er sich nicht durchgebissen hätte. Er kam ins Ziel. In der Karenzzeit, die bei diesen schweren Bergetappen den Geschundenen etwas mehr Spielraum lässt.
Daniel McLay wurde Letzter an diesem Tag, war Letzter von allen, bevor sich die verbliebenen 175 Teilnehmer aus 22 Teams am Montag einen Tag erholen durften. Aber war auch einer der Heroen gewesen.

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