Trierer Talent im Spiel der Könige

Trier/Caldas Novas · 1250 junge Schachspieler aus aller Welt zwischen acht und 18 Jahren, vereinigt im brasilianischen Städtchen Caldas Novas: Die Deutsche U-10-Meisterin Charlotte Sanati aus Trier ist zwar ohne WM-Titel, aber mit vielen Eindrücken aus Südamerika zurückgekehrt.

Trier/Caldas Novas. Manchmal eröffnet der Zufall die Partie. Anfang 2009 etwa. Da kam Dr. Hassan Sanati, Internist am Trierer Elisabeth-Krankenhaus, mit Kurt Lellinger ins Gespräch, dem großen Schulschach-Förderer von der SG Trier 1877. Man sprach über Schach (Sanati: "Das Spiel hat in meiner Heimat Persien eine besondere Tradition"). Und man sprach über die Familie, über Sanatis damals siebenjährige Tochter. Kurze Zeit später setzte sich Charlotte Sanati ans Brett, konzentrierte sich auf Könige und Bauern - und offenbarte ein Talent, das man nur ganz selten findet.
Deutscher Schachbund sponsert


Zweieinhalb Jahre später hat Charlotte eine ordentliche Titelsammlung zusammen: Sie wurde schon zwei Mal Deutsche Meisterin in ihrer Altersklasse. Auf Bezirks- und Landesebene ist sie praktisch konkurrenzlos. So steht sie aktuell als einziges zehnjähriges Mädchen im Bundeskader. Das erste große internationale Turnier hat Charlotte kürzlich ebenfalls hinter sich gebracht: die Junioren-WM in Brasilien mit insgesamt 1250 Teilnehmern. Das hieß: 30 Grad im Schatten statt Bibbern in Trier - und Schachbrett statt Klassenraum.
"Es war ein gutes Gefühl, gegen Kinder aus der ganzen Welt zu spielen - die kamen zum Beispiel aus Ecuador, Japan und China. Manche haben kleine Geschenke aus ihrem Land mitgebracht", sagt Charlotte, die mit ihren Eltern für zwölf Tage nach Brasilien geflogen war. Ihr Trainer Wolfgang Langer, Vizevorsitzender der Schachgesellschaft Trier, drückte von zu Hause aus die Daumen. Am Ende stand für Charlotte nach neun Spielen gegen andere junge Landesmeisterinnen zwar nicht der WM-Titel, aber eine positive Bilanz mit vier Siegen, zwei Remis und drei Niederlagen. Die Zehnjährige besucht das Trierer Humboldt-Gymnasium. Für zwei Wochen war sie von der Schule freigestellt worden - schließlich kommt es nicht so oft vor, dass eine Fünftklässlerin ihr Land bei einer WM im knapp 9000 Kilometer entfernten brasilianischen Caldas Novas (nahe der Hauptstadt Brasilia) vertritt. "In meiner Klasse haben sie sich für mich gefreut. Ich muss ein bisschen Stoff nachholen, aber das geht schon", sagt Charlotte.
Der Südamerika-Trip war nun auch wahrlich kein Erholungsurlaub. "Wir haben jeden Tag vor den Partien noch den Schulstoff durchgenommen", sagt Hassan Sanati. "Charlottes längstes Spiel bei der WM dauerte zudem fünf Stunden. Das war schon etwas anstrengend für sie, zumal die Spiele direkt im Anschluss analysiert werden."
Die kleine Schachexpertin bekam Unterstützung vom Deutschen Schachbund. Als amtierende Deutsche Meisterin in der Altersklasse U 10 bekam Charlotte die Teilnahme an einer internationalen Meisterschaft von dem Verband gesponsert. Sie verzichtete auf die Teilnahme an der Junioren-Europameisterschaft in Bulgarien zugunsten der WM. Ab Januar 2012 wird sie in der U 12 an den Start gehen. Damit wird die Konkurrenz noch etwas größer.
Um den nächsten Schritt zu machen, soll das Schachtraining intensiviert werden. Bisher lag es laut Hassan Sanati bei fünf Stunden pro Woche. Charlotte hätte jedenfalls große Lust, im nächsten Jahr wieder bei einem internationalen Turnier zu spielen. Etwa bei der Europameisterschaft in Prag oder der Weltmeisterschaft 2012 in Slowenien.

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