Viel mehr als Erotik: Triererin betreibt erste Poledance-Schule der Region

Trier · Aus der Immobilienverwaltung zum Poledance - in einem Studio bringt die Triererin Tessa Aulmann ihren Schülerinnen seit einem Jahr den Tanz an der Stange bei. Ein Besuch beim Training.

 Poledancer in Trier beim Üben.

Poledancer in Trier beim Üben.

Foto: Benedikt Laubert
 Poledancer beim Üben in Trier.

Poledancer beim Üben in Trier.

Foto: Benedikt Laubert

Als der Bass einsetzt, hängen alle zehn Frauen mit ihren Beinen kopfüber an den silbernen Stangen, die die Decke des kleinen Tanzstudios mit dem Boden verbinden. Die Arme der Trainerin Tessa Aulmann hängen nicht einfach nach unten. Jede Sehne und jeder Muskel scheint unter Spannung zu stehen, als sie sich langsam nach hinten lehnt und mit ausgestreckten Armen und durchgebogenem Rücken eine Sichel formt. Was nun zum Song Feels der Sängerin Kiiara elegant und unbeschwert wirkt, ist allerdings Ergebnis harter Arbeit.

Seit Wochen feilt Aulmann mit ihren Schülerinnen an Tricks wie diesem Layback. Tricks, so heißen die Figuren oben an der Stange. Heute verbinden die Tänzerinnen dieses Level-zwei-Kurses die einzelnen Tricks, die sie in den vergangenen Stunden gelernt haben, zu einer Choreographie.

So knapp die Shorts, so anmutig die Bewegungen - Erotik soll in diesem Kurs nicht im Vordergrund stehen. "Mich reizt vielmehr, dass ich beim Poledance meine Körperspannung trainiere und gleichzeitig Tanzelemente einbauen kann", sagt Aulmann, die das Studio in der Nähe des Trierer Südbads im vergangenen Sommer eröffnet hat. Vorher hatte sie als Immobilienverwalterin gearbeitet. Dass sie erst vor zwei Jahren mit dem Poledance angefangen hat, sieht man den Bewegungen der 27-Jährigen nicht an. Vielleicht liegt es daran, dass sie in ihrer Jugend mit Jazzdance und Ballett zahlreiche Erfahrungen im Tanzen sammeln konnte.

"Wenn ihr jetzt noch eure Beine ausstreckt, bin ich megahappy" ruft Aulmann ihren Mädels mit einer hohen, klaren Stimme zu und streicht sich die nassen Haare nach hinten, die bei der letzten Übung ins Gesicht gefallen sind. Mit gerötetem Gesicht, die Hände in die Hüften gestemmt, hören sich die Tänzerinnen Aulmanns Verbesserungswünsche an. Einige nutzen die Pause, um sich flüssiges Magnesium aus kleinen Flaschen auf ihre Hände zu schütten - das sorgt für einen festen Griff an der Stange.

Seit Jahrhunderten schon wird eine Form von Poledance im chinesischen Zirkus gezeigt. Auch in Indien gab es den Sport vor einigen Jahrhunderten - hier tanzten aber Männer an einem etwas dickeren Holzstamm. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fand der Sport dann seinen Weg in die Stripclubs der westlichen Welt. Inzwischen ist Poledance wieder salonfähiger geworden, vor allem in England, Australien und den USA. Immer mehr Poledance-Studios eröffnen in Deutschland; inzwischen dürfte es etwa 150 geben.

Tessa Aulmanns Studio ist das erste in Trier, bisher gab es in der Stadt kein dauerhaftes Poledance-Angebot. Seit einigen Jahren werden auch in Deutschland Sportliche Wettbewerbe wie die Polesport-Meisterschaft und Miss und Mister Pole Dance Germany ausgetragen. Aulmann und ihre Schülerinnen planen aber erst einmal nicht, daran teilzunehmen. Die Organisation des deutschen Pole Sports und die internationale Polesportvereinigung setzen sich dafür ein, dass Poledance als olympische Disziplin eingeführt wird, teilt die deutsche Organisation mit.

An diesem Abend muss die Gruppe schon zum zweiten Mal eine Pause einlegen weil eine Tänzerin ihre Handfläche aufgeschürft hat. Die Trainerin klebt ihr ein Pflaster auf die ausgestreckte Hand. "Offene Stellen und blaue Flecken lassen sich nicht vermeiden, wenn man sich allein mit den Händen oder den Schenkeln an der Stange halten muss", sagt Tanja Haas, die mit ihren 41 Jahren sie älteste im Kurs ist. Die meisten Schülerinnen sind Mitte 20. Zwischen den überwiegend weiblichen Interessierten waren auch schon ein paar Männer im Training. Seit Haas vor einem Jahr begonnen hat, im Kurs und zu Hause an der Stange zu tanzen, seien ihre chronischen Rückenschmerzen wie weggeblasen. Den gleichen Effekt habe sie zwar auch beim Nordic Walking bemerkt - dieser Sport sei ihr aber nicht abwechslungsreich genug. Und nicht ansatzweise so elegant wie Poledance.

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