Vom Sofa auf die 110 Kilometer

Waldweiler · Einen klassischen Marathon über 42,195 Kilometer ist Melanie Zender noch nie gelaufen. Stattdessen hat die 36-Jährige von Spiridon Hochwald am vergangenen Wochenende gleich ihren ersten Lauf über mehr als 100 Kilometer absolviert, den harten Ultramarathon des Rheinburgenweglaufs von Koblenz nach Bingen. Dabei hatte sie vor vier Jahren noch nichts mit Laufen am Hut.

Waldweiler. "Ich war eine richtige Couchkartoffel", sagt Melanie Zender. Als Irene Klas-Gundel sie 2009 zum Anfängerlaufkurs von Spiridon Hochwald überredete, sei eine Minute laufen schon anstrengend gewesen. "Eine Stunde am Stück laufen? Das schaffe ich nie, dachte ich damals", erzählt Zender. Doch Kursleiterin Wiltrud Engel blieb hartnäckig. Nach einigen Monaten folgte der erste Volkslauf über zehn Kilometer und nach einem Jahr der erste Halbmarathon.
Aber weiter? "Marathon kam für mich bis 2011 nie infrage. - Viel zu weit!", sagt Zender. Doch als sie beim Hospizlauf von Koblenz nach Trier ihren Vereinskameraden Hans-Peter Roden, der die kompletten 200 Kilometer laufen wollte, auf dem Fahrrad begleitete, beschäftigte sie sich intensiv mit dem Thema - und lief noch im gleichen Jahr bei einer privaten Laufveranstaltung gleich 45 Kilometer. "Einen normalen, offiziellen Marathon bin ich bisher aber noch nicht gelaufen", betont Melanie Zender.
Stattdessen haben es der Erzieherin lange Landschaftsläufe angetan. "Ich laufe, weil Laufen glücklich und zufrieden macht. Ich liebe den Wald und die Natur um mich herum. Beim Laufen kann ich prima abschalten", sagt Melanie Zender. Aber weshalb gleich die extrem langen Strecken mit ihren vielen, oft steilen Anstiegen? "Die Ultra-Lauf-Szene ist wie eine kleine Familie. Es geht nicht um Bestzeiten, sondern einfach nur ums Genießen. Mir machen die langen Trail-Strecken einfach viel mehr Spaß als die schnellen Wettkämpfe."
Mehr als 4000 Höhenmeter


Mit dem Rheinburgenweglauf von Koblenz nach Bingen hatte sie sich zwar eine landschaftlich reizvolle, aber auch schwierige Strecke für ihren ersten Lauf über mehr als 100 Kilometer ausgesucht. Mehr als 4000 Höhenmeter müssen überwunden werden. "Ich war sehr aufgeregt. Zuvor war ich ja noch nie weiter als 51 Kilometer und länger als acht Stunden am Stück gelaufen", erzählt Zender.
Und jetzt gleich 110 Kilometer? Zeitziel: 22 Stunden? Nach der Hälfte der Distanz sei sie sich sicher gewesen, dass sie es schaffen würde. Dabei führt der Parcours nicht nur über Waldwege- und -pfade, sondern auch über Klettersteige. "Ich war froh, dass wir vor Einbruch der Dunkelheit bei den Kletterpassagen waren. Es war etwas nass und glitschig, und ich hatte schon etwas Angst", gesteht Melanie Zender.
Natürlich habe es auch Momente gegeben, während der sie gegen ihren inneren Schweinehund habe kämpfen müssen. "Die letzten 15 Kilometer zogen sich wie Gummi. Es war kalt, ich war müde, die Oberschenkel brannten, und ich wollte einfach nur noch ankommen", erzählt Zender. Doch obwohl der Muskelkater sie noch quält, schmiedet sie schon Pläne für weitere Ultramarathonläufe: im Mai der sogenannte SH-Supertrail von Idar-Oberstein nach Trier über 128 Kilometer.

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