Was macht eigentlich ....Alexander Szatmari?

Trier · Er wird bald 60 - aber das ist kein Thema, findet Alexander Szatmari. Der frühere rumänische Weltklasse-Libero lebt fast sein halbes Leben in Trier, wo er in der Simeonstraße eine neue Heimat für sein Lederwarengeschäft gefunden hat. TV-Reporter Andreas Feichtner hat ihn dort besucht.

Herr Szatmari, dass wir Sie hier in Ihrem Laden in Trier treffen, wäre wohl undenkbar ohne die Ereignisse am 7. November 1979: Damals blieben Sie nach dem Uefa-Pokalspiel mit Dinamo Bukarest in Frankfurt. Wie riskant war das?
Es war gar kein so großes Problem. Ich bin von der Mannschaft weg - und das war\'s. Ich hatte Freunde und Bekannte, die mir geholfen haben. Viel später habe ich dann von meiner Mutter am Telefon gehört, dass ich in Rumänien wohl wegen "Republikflucht" zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden sein soll. Das hat mich nicht groß gejuckt, weil ich ohnehin nicht zurück nach Rumänien wollte. Es waren schon andere Zeiten. Ich habe schnell einen deutschen Pass bekommen, weil meine Großeltern deutschstämmig waren. Und ich fühle mich auch als Deutscher.
Sie waren damals 27 und galten als bester Libero Rumäniens. Wie groß war die Umstellung in Deutschland?
Ich war anfangs vier Monate bei Bayern München im Training, hatte auch einen Vertrag. Das war unter dem ungarischen Trainer Pal Csernai. Ich wurde aber wegen der Flucht aus Rumänien für ein Jahr gesperrt, und da die Bayern einen sofort spielberechtigten Spieler brauchten, bin ich zum VfB Stuttgart. Dort habe ich nach der Sperre von 1980 bis 1982 gespielt.
Was war denn in Ihrer Erinnerung die schönste Zeit in Ihrer Fußballkarriere?
Stuttgart war eine gute Zeit, wir wurden damals Dritter in der Bundesliga und hatten ein richtig starkes Team. Aber auch bei Dinamo Bukarest habe ich erfolgreiche Jahre gehabt. Dort wurde ich dreimal rumänischer Meister. An ein Spiel erinnere ich mich besonders gern: Wir hatten 1975 im Pokal der Landesmeister (=heute: Champions League) Real Madrid zu Gast, mit Breitner, Netzer & Co. Da haben wir 1:0 gewonnen - und ich habe das Tor geköpft.
Sie haben Ihre letzten Profijahre bei den Fort Lauderdale Strikers verbracht, 1982 bis \'84. Viele Stars zog es in die US-Liga. War es die berüchtigte Operetten-Liga?
Es war ein ganz anderes System, die Strukturen waren nicht vergleichbar. Manchmal spielten wir in Baseball-Arenen, dann wieder in riesigen Hallen. Ein Highlight war sicher das Spiel gegen Cosmos New York mit Franz Beckenbauer vor 60 000 Zuschauern. Aber als es mit der Liga vorbei war, wollte ich zurück nach Deutschland.
In Fort Lauderdale haben Sie gemeinsam mit Weltmeister Bernd Hölzenbein gespielt. Er hat wie Sie seine Karriere beim FSV Salmrohr ausklingen lassen …
Ja, aber wir haben in Salmrohr nicht zusammen gespielt. Ich habe 1984/85 noch ein dreiviertel Jahr in der Oberliga gespielt. Da hatte ich gerade in Trier in der Sternstraße den "Lederladen" eröffnet, meine damalige Frau kommt aus der Branche. Salmrohr wurde zwar Meister, wir sind aber damals in der Aufstiegsrunde gescheitert. "Holz" kam erst ein Jahr später nach Salmrohr. Da hatte ich wegen des Geschäfts und der Familie aber schon meine Laufbahn beendet.
Bittere Aufstiegsrunden haben Sie auch in Ihrer Zeit bei Eintracht Trier erleben müssen. Wie kamen Sie eigentlich zur Eintracht?
Ich wurde gefragt, ob ich mithelfen würde, das war so 1990. Es war damals eine schwere Zeit für die Eintracht. Es gab viele Trainerwechsel und nur wenige Sponsoren. Ich bin damals als Sportdirektor eingestiegen und habe unter anderem dabei geholfen, zwei Trainer zu holen, die ich aus Frankfurt kannte. Zum einen Dragoslav Stepanovic, der aber nach einigen Monaten zu Eintracht Frankfurt ging, und später Udo Klug, der 1992 als Trainer kam. Er hatte viele Kontakte, und wir bauten eine starke Mannschaft auf mit Spielern wie Hamann, Osthoff, Jalocha, Mohr oder Zimmermann. Das war eigentlich eine erfolgreiche Zeit, wir wurden zweimal Oberliga-Meister, 1993 und 1994. Ich gehe auch heute noch ins Moselstadion, wenn ich Zeit habe.
Warum hat es dennoch nicht mit dem Zweitliga-Aufstieg geklappt?
Ach, wir waren doch praktisch aufgestiegen, wenn es damals das Wiederholungsspiel gegen Ulm nicht gegeben hätte. Das habe ich nie recht verdaut, das war wirklich eine bittere Pille. Es kam nur zustande durch das unkorrekte Verhalten eines Ulmer Spielers. (Anm. der Red.: Letzte Minute im Aufstiegsrundenspiel 1994, Trier - Ulm beim Stand von 1:0: Ein Trierer Ordner schießt dem Ulmer aus dem Seitenaus den Ball zu, trifft ihn unglücklich am Unterleib, der Spieler bleibt - womöglich taktisch bedingt - am Boden liegen. Das Spiel muss wiederholt werden, Trier gewinnt zwar, gerät aber aus dem Tritt und verpasst den Aufstieg).
Damals waren Sie SVE-Sportdirektor, wie kamen Sie dann 1995 zum Präsidentenamt?
Eigentlich sollte Doerfert Präsident werden, aber das wollte wohl der damalige Bischof nicht. Ich habe mich dann überzeugen lassen, bin aber nach einem dreiviertel Jahr zurückgetreten. Das war einfach nicht die Rolle, die ich wollte. Ich habe mich auf der sportlichen Seite immer wohler gefühlt.
Extra

 Früher Leder, heute Leder: Der Ex-Profi Szatmari posiert in seinem neuen Geschäft in der Trierer Simeonstraße. TV-Foto: Andreas Feichtner

Früher Leder, heute Leder: Der Ex-Profi Szatmari posiert in seinem neuen Geschäft in der Trierer Simeonstraße. TV-Foto: Andreas Feichtner

Alexander Szatmari stammt aus Oradea im Nordwesten Rumäniens, nahe der ungarischen Grenze. Er wurde in den 70ern dreimal rumänischer Meister und machte als Libero 30 Spiele in der Nationalmannschaft. Nach seiner Flucht nach Deutschland spielte er für den VfB Stuttgart, in Florida bei Fort Lauderdale und zum Laufbahn-Ende beim FSV Salmrohr. Bei Eintracht Trier war er u. a. Sportdirektor, Interimstrainer (1990) und Präsident (1995-96). Szatmari ist geschieden und hat zwei erwachsene Töchter (26 und 27 Jahre alt). AF

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