Wie geht es weiter für Russland bis zur WM?

Moskau · Nach dem Confed Cup ist vor der WM: Die Logistik hat bei der Generalprobe funktioniert, doch schaut man ins Detail, werden Baustellen sichtbar.

 Groß, bunt - aber noch rollt nicht alles: Russland zieht nach dem Confed Cup (hier bei der Abschlussfeier) eine ziemlich positive Bilanz. Foto: dpa

Groß, bunt - aber noch rollt nicht alles: Russland zieht nach dem Confed Cup (hier bei der Abschlussfeier) eine ziemlich positive Bilanz. Foto: dpa

Foto: Marius Becker (dpa)



Moskau (dpa) Da strahlt es, das Gesicht der russischen Sportpolitik. Multifunktionär Witali Mutko ist in seinem Element, als er nach dem aufreibenden Finale beim Confederations Cup in St. Petersburg dem siegreichen deutschen Team die Hände schüttelt. Eingerahmt von Fifa-Chef Gianni Infantino und DFB-Präsident Reinhard Grindel feiert Vizeregierungschef Mutko den Confed Cup - die Generalprobe für die Heim-Weltmeisterschaft 2018 - als gelungene Inszenierung Russlands als Gastgeber und Organisator. Für ein wahres Fußballfest bei der WM wartet dennoch viel Arbeit.
Tatsächlich hat die Führung in Moskau in einigen Punkten allen Grund zur Zufriedenheit. Die vier Austragungsorte St. Petersburg, Moskau, Kasan und Sotschi haben sich von ihren besten Seiten gezeigt. Die Stadien waren zwar selten ausverkauft, aber doch mit häufig mehr als 30 000 Zuschauern weitaus voller als zunächst befürchtet.
Das von vielen im Westen befürchtete Chaos, das aggressive Hooligans hätten stiften können, ist ausgeblieben. Mit Stadionverboten und scharfen Kontrollen haben die Behörden dafür gesorgt, dass sich die Bilder von gewalttätigen Fans bei der EM 2016 in Frankreich nicht wiederholten. Und selbst die russische Polizei, die einen durchwachsenen Ruf genießt, zeigte sich hilfsbereit und freundlich, wie Fans und westliche Beobachter sagen.
Fußballbegeisterte wie Stepan und Sergej sind überzeugt, dass die WM ein großartiges Spektakel wird. "Vorfälle mit Hooligans wird es nicht geben. Alles wird sicher sein", meint Stepan vor dem Spiel um Platz drei in der Moskauer Spartak-Arena. "Das wird toll, wenn so viele Menschen hierher kommen", sagt Sergej, der mit seiner Freundin im Stadion ist. "Wir würden gerne Fans aus anderen Ländern treffen."
Für Fußballverbandschef Mutko war der Confed Cup aus Sicht der Zuschauer ein Erfolg. "Schon jetzt gibt es einen Sieger - die Fans", sagt er bei der Abschlusskonferenz. "Die Atmosphäre in den Stadien hat den Wettbewerb geziert."
Doch offen bleibt, wie viele Fans wirklich mit Leib und Seele bei den Spielen dabei waren. Beobachter in Sotschi etwa berichteten von zahlreichen Freikarten, die vergeben worden sein sollen. Schon vorab hatten Offizielle in dem Badeort am Schwarzen Meer angekündigt, freie Plätze an Schulkinder zu verschenken.
Cheforganisator Alexej Sorokin gibt zu bedenken, dass in den anderen Städten, die nicht am Confed Cup beteiligt waren, aber Schauplätze der WM sein werden, die Arbeit an der Infrastruktur abgeschlossen werden müsse. Waren die Spielorte des Confed Cups Städte, die mit Großveranstaltungen Erfahrung haben, müssen 2018 auch das Provinznest Saransk und die nicht für Sportevents bekannten Städte Nischni Nowgorod und Kaliningrad beweisen, dass sie Hotels, in Fremdsprachen geschultes Personal und Service-Kultur haben.
Auf rund 20 Milliarden US-Dollar schätzen Experten die Kosten der WM für Russland, doppelt so hoch wie das veranschlagte Budget. Präsident Wladimir Putin will, dass die Investition langfristig nachwirkt. "Der Fußballmarathon hinterlässt ein humanitäres und materielles Erbe, von dem das Land noch Jahrzehnte zehren wird", sagt er.
Nachwirken könnte aber vor allem anderes: Denn trotz aller Freude auf schöne Spiele und glückliche Zuschauer werfen Probleme ihre Schatten voraus. War die WM 2018 etwa gekauft? Beweise gibt es nicht, aber allein, dass nach dem Garcia-Bericht der Fifa der Verdacht aufkommt, hat einen fahlen Beigeschmack. War die Sbornaja wie westliche Medien berichteten bei der WM 2014 gedopt und gerät sie in den Sog des russischen Dopingskandals? Mutko will diese Fragen nicht hören: "Im Fußball ist Doping kein aktuelles Thema." Ständig gebe es Vorwürfe gegen Russland. "Scheinbar liegt das bei uns in der Luft."
Die wohl größte Baustelle vor der WM ist aber sportlicher Natur: Wie weit kommt die russische Nationalmannschaft? Das Vorrunden-Aus beim Confed Cup löste Enttäuschung aus. Russlands Mittelfeldlegende Waleri Karpin hat wenig Hoffnung. "Ich glaube, es ist zu spät, um groß was zu ändern", sagt er der Deutschen Presse-Agentur. "Uns bleibt nur zu beten, dass zu den Spielern, die jetzt in der Sbornaja sind, zwei oder drei hinzukommen. Mehr Ressourcen haben wir nicht. Wenn die Sbornaja die Gruppenphase übersteht, dann gilt das als Erfolg."

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