Zwei Gladbacher Kölner und die Rio-Mission

Rio de Janeiro · Im Fußball hätte seine Aussage wohl zu größerem Unmut bei Anhängern am linken Niederrhein geführt. Aber Mats Grambusch ist eben kein Profikicker, sondern Hockey-Nationalspieler, und so kann er eben, ohne regionale Konflikte herbeizuführen, sagen: "Ich bin Gladbacher, aber ich spiele gerade für Köln. Ich werde bei den Olympischen Spielen als Kölner antreten, und trotzdem werde ich nicht vergessen, wo ich herkomme."

 Tom Grambusch.Foto: Deutsche HOckey AgenTUR

Tom Grambusch.Foto: Deutsche HOckey AgenTUR

Foto: Ariane Schirle (g_sport

Rio de Janeiro. Mit der regionalen Rivalität ist das im Hockey keine große Sache wie im Fußball, hier bildet die Vereins-Landkarte etwas ganz anderes ab. Ein Blick auf den 19er Kader des Herren-Nationalteams für Rio zeigt, was: Bis auf einen Nürnberger und zwei Berliner kommen alle Spieler entweder von NRW-Vereinen (Crefelder HTC, Rot-Weiss Köln, Uhlenhorst Mülheim) oder aus Hamburg (UHC Hamburg, Harvestehuder THC). Gemeinsam hat diese Nord-West-Auswahl im olympischen Hockey-Park von Deodoro ein großes Ziel: die dritte Goldmedaille in Folge. Das mit dem Olympiasieg ist jedenfalls eine durchaus verbreitete Erwartungshaltung in Deutschland, hat Mats Grambusch festgestellt, feststellen müssen.

Neulich, beim Vorbereitungsturnier in Düsseldorf, traf der 23-Jährige, der 2013 vom Gladbacher HTC nach Köln gewechselt war, einen älteren Herrn im Aufzug des Teamhotels am Seestern. Man plauderte ein bisschen, Grambusch erzählte von der laufenden Olympia-Vorbereitung, und am Ende sagte der Mann: "Ja, und dann holt ihr wieder Gold, ne?" Grambusch war einigermaßen baff. "Die Öffentlichkeit denkt eben, weil die beiden letzten Olympischen Spiele so erfolgreich waren, dass wir jetzt wieder Gold holen, aber das wird verdammt schwierig", sagt der Mittelfeldspieler. In diesem Punkt pflichtet ihm sein Bruder Tom bei. Der ist am Donnerstag im olympischen Dorf 21 Jahre alt geworden, spielt inzwischen auch bei RW Köln, beide wohnen in Köln zusammen und studieren dort BWL. "Die Australier und die Holländer werden megastark sein, die Briten und die Belgier kommen dicht dahinter", sagt Tom. Irgendwo dazwischen dürfen sich indes auch die Deutschen nennen. Das Turnier in Düsseldorf gewann das Team von Trainer Valentin Altenburg immerhin - vor Holland, Großbritannien und Belgien.

Und Altenburg hat generell großes Vertrauen in seine Spieler: "Gemeinsam haben sie die Möglichkeit, jede Mannschaft der Welt zu schlagen", sagt er. Im November war dieser Altenburg auf Erfolgstrainer Markus Weise gefolgt, der nun dem Deutschen Fußball-Bund beim Aufbau seiner Akademie hilft. Deutschlands Hockey-Herren starten hier in Rio am Samstag (23 Uhr deutscher Zeit) auf einem Spielfeld, das in den brasilianischen Nationalfarben - blauer Untergrund, grüner Rand, weiße Linien und gelber Ball - gehalten ist, gegen Kanada ins Turnier. Dazu sind Irland sowie die drei Schwergewichte Indien, Argentinien und der Weltranglistenzweite Holland Gegner in der Gruppe B. Die ersten vier aus zwei Vorrundengruppen qualifizieren sich fürs Viertelfinale. "Wir müssen und werden als Weltranglistendritter unter die ersten vier unserer Gruppe kommen, das steht außer Frage", sagt Mats. Aber dann gehen die K.o.-Spiele los, und die seien eben unberechenbar.

"Klar haben wir schon Szenarien durchgespielt, wie alles laufen könnte", sagt Tom und grinst. Für die beiden Brüder sind es die ersten Olympischen Spiele, und so taugen sie zum Sinnbild für einen deutschen Kader, der im Schnitt zwei Jahre jünger ist als die Sieger von London 2012, die der Öffentlichkeit nicht zuletzt auch dadurch nachhaltig im Gedächtnis geblieben sind, weil sie auf der feucht-fröhlichen Schiffsfahrt zurück aus England ein wenig Mobiliar auf der MS Deutschland demoliert hatten. "Die Jungs, die schon mal bei Olympia dabei waren, haben gesagt, die ersten paar Tage fühle man sich als Mega-Tourist, und das solle man auch ruhig so aufsaugen", sagt Tom. Daran haben sich die beiden auch gehalten und vor allem die Atmosphäre im Olympischen Dorf begeistert eingesogen. Das letzte Testspiel am Mittwoch gegen Belgien ging zwar 2:3 verloren, aber man hält es im DHB-Team da einfach mit dem traditionellen Zusammenhang von verpatzter Generalprobe und erfolgreicher Premiere. Die Grambuschs fiebern ihrem Olympia-Debüt jedenfalls entgegen und auch der medialen Aufmerksamkeit, die ihrem Sport mal wieder durch Olympia zuteil wird.

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