Ringer-Bundestrainer Leipold hört auf

Leipzig (dpa) · Drei Schlaganfälle waren Warnung genug, jetzt zog Bundestrainer Alexander Leipold die Notbremse und verlässt den Deutschen Ringer-Bund. Der 21-malige deutsche Meister will etwas ruhiger leben. Dem Ringkampfsport will er auf jeden Fall treubleiben.

Er lebte nur aus dem Koffer. Trainingslager hier, Wettkämpfe dort, dazwischen eine Veranstaltung nach der anderen wie zuletzt beim Familien-Camp der Deutschen Schlaganfall-Stiftung. Alexander Leipold will im unterfränkischen Karlstein am Main wieder etwas zur Ruhe kommen, mehr Zeit für seine Familie mit den Söhnen Tim (13 Jahre) und Neo (6) haben. So wurde der Deutsche Ringer-Bund (DRB) nun von seinem Rücktritt überrascht. „Um seiner Familie mehr Raum geben zu können, beendet Alexander Leipold die Zusammenarbeit mit dem DRB und wird wieder in der Industrie arbeiten“, hieß es am Mittwoch in der Mitteilung des Verbandes.

„Ich werde mit Sicherheit dem Ringen treubleiben. Vielleicht in Goldbach oder um die Ecke im Leistungszentrum Aschaffenburg. Ich habe sogar noch Lust, selbst auf die Matte zu gehen, ich muss ja niemanden etwas beweisen“, sagte Leipold der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch. Nach siebenjähriger Pause geht er zu seinem früheren Arbeitgeber (Linde) zurück und strebt nach einer Einarbeitung im kaufmännischen Bereich dort höhere Aufgaben an.

Der DRB, der damit sein größtes Aushängeschild der vergangenen 20 Jahre verliert, bedauert den Schritt sehr und begab sich sofort auf der Suche nach einem Nachfolger. Heißer Kandidat dafür ist Sven Thiele, der 1995 WM-Zweiter im Superschwergewicht war und seit 2006 am Leistungszentrum in Leipzig als Honorartrainer arbeitet.

Gleich nach den Spielen in London, wo der gelernte Industriekaufmann Leipold erstmals bei Olympia als Trainer auf der Matte stand und mit seinen Schützlingen Tim Schleicher (60 Kilogramm) und Nick Matuhin (120 Kilogramm) ohne Medaille blieb, radelte der unermüdliche Ringer-Coach bei der „Tour der Hoffnung“ für krebskranke Kinder mit. „Man muss auch dankbar sein und der Gesellschaft etwas zurückgeben, daher werde ich mich nun auch stärker für die Schlaganfall-Stiftung einsetzen“, betonte der 43-Jährige.

Danach reiste er zum Sportler-Treff „Champions des Jahres“ auf Kreta, wo er als gewählter Champion von 2003 lebenslang „Urlaubs-Anspruch“ hat. Quasi als Geschenk erfüllte er sich damals einen besonderen Traum: Er trainierte und meditierte in China mit den Shaolin-Mönchen. „Ich kenne jetzt die Philosophie der Mönche“, sagte Leipold, der seit 2009 die deutschen Freistil-Männer betreute.

Leipold hat in seinem Leben alle Höhen und auch alle Tiefen erlebt. Doch er kämpfte sich immer wieder wie ein Stehaufmännchen nach oben. Der Abtritt von der olympischen Bühne 2000 in Sydney war der Tiefpunkt in seinem Ringer-Leben.

Der vierfache Europameister und zweimalige Weltmeister gewann das olympische Turnier in der Kategorie bis 74 Kilogramm und erfüllte sich einen Traum. Danach brach für ihn eine Welt zusammen. Nach einem bis heute umstrittenen Dopingurteil wurde ihm die Goldmedaille aberkannt. Aber er wurde ein Jahr später freigesprochen, 2010 von der unabhängigen Kommission des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) unter dem Vorsitz des ehemaligen Verfassungsrichter Udo Steiner - der sogenannten Steinerkommission - rehabilitiert. Zwölf Jahre später kehrte er in London als Trainer auf die olympische Matte zurück.

Es war aber nicht der einzige „Niederschlag“ in seinem Leben. 2003 erlitt er nach einer schweren Viruserkrankung auf einer Wettkampfreise in Usbekistan einen Schlaganfall, dem kurz darauf während der Behandlung in Deutschland zwei weitere folgten. „Ein Drittel der Betroffenen sterben, ein Drittel behält bleibende Schäden, ich hatte das Glück, wieder gesund zu werden“, erinnert sich Leipold, der danach sogar ein Comeback auf der Matte gab. 2004 wurde er bei der EM in Ankara noch einmal Neunter. Ein Jahr später holte er sich noch den Masters-WM-Titel in Teheran.

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