Rückzugswelle überschattet Tischtennis-Reform

Saarlouis (dpa) · Es ist so, als würden im Fußball nacheinander Bayern München und Borussia Dortmund aussteigen: Knapp drei Monate nach der Rückzugs-Ankündigung von Dauermeister FSV Kroppach muss die Tischtennis-Bundesliga der Damen einen erneuten Tiefschlag hinnehmen.

Auch der Tabellenzweite TTSV Saarlouis-Fraulautern verabschiedet sich nach dieser Saison aus der obersten Spielklasse - nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, wie der Verein am Dienstag mitteilte.

„Die Attraktivität der Bundesliga hat deutlich gelitten, nicht zuletzt durch den Rückzug zahlreicher Vereine“, erklärte Heinz Falk, der Manager des saarländischen Clubs. „Durch die wenigen Spielwochenenden ist der Tischtennissport medial nur schwer darstellbar.“ Seit Jahren hat die Liga ihre Sollstärke von zehn Mannschaften nicht mehr erreicht. Im Moment spielen neun Teams, und dies nur, weil die Leutzscher Füchse aus Leipzig mit einer Sonderregelung im Oberhaus starten dürfen.

Der Ausstieg von Saarlouis ist der vorläufige Höhepunkt einer Rückzugswelle, die es in dieser Intensität noch nie gegeben hat. In der Herren-Bundesliga spielen nur noch acht Mannschaften, nachdem die TG Hanau und der TTC Ruhrstadt Herne ihre Teams abgemeldet haben. In der 2. Herren-Bundesliga Nord haben die Traditionsvereine TTS Borsum und TTC Altena ihren Abschied zum Saisonende erklärt. Der zweifache deutsche Meister Altena, Heimatclub von Tischtennis-Legende Wilfried Lieck, geht nach 40 Jahren Spitzensport in die sechste Liga zurück.

Dabei wollte der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) mit einer erst im vergangenen Dezember beschlossenen Reform die Bundesligen für die Zukunft aufstellen. Die Verringerung der Teamstärke in den 2. Ligen von sechs auf vier Spieler zur kommenden Saison und eine Eingleisigkeit des Unterhauses ab der Spielzeit 2014/2015 fanden zwar im zweiten Anlauf eine Mehrheit. Aber es gibt auch Vereine, die deshalb nicht mehr höherklassig spielen wollen.

Hauptziel der DTTB-Reform ist es, den Abstand zwischen 1. und 2. Bundesliga zu verringern und den Zweitligateams den Sprung in die oberste Spielklasse zu erleichtern. Doch durch die Rückzugswelle wird die Liga-Reform fast Makulatur. Bezeichnend ist, dass die Spitzenteams der Damen nicht im Unterhaus weitermachen wollen, sondern sich in den Amateursport verabschieden. Dass in den Ligen wahlweise mit Dreier-, Vierer- oder Sechser-Teams nach unterschiedlichen Systemen gespielt wird, ist Zuschauern, Medien und Sponsoren kaum zu vermitteln.

Tischtennis steckt als Spitzen-Teamsport in Deutschland in einer tiefen Krise, auch weil die Asse bei internationalen Turnieren viel mehr Geld als früher verdienen können. So sind allein auf der World Tour jährlich über eine Million US-Dollar (770 000 Euro) ausgelobt. Und in der betuchten russischen Liga können Stars wie der deutsche Olympia-Dritte Dimitrij Ovtcharov mit weniger Einsätzen deutlich mehr Geld kassieren als in der Bundesliga.

Ein Ende der Hiobsbotschaften ist nicht in Sicht. Nach 13 Jahren im Oberhaus der Herren wird höchstwahrscheinlich auch der SV Plüderhausen sein Team zum Saisonende zurückziehen. „Früher hatten wir 700 oder 800 Zuschauer, heute liegt der Schnitt bei 248„, sagte Abteilungsleiter Helmuth Klein der Nachrichtenagentur dpa. „Es macht eigentlich keinen Sinn mehr.“

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