Schumann will in London sechste Olympia-Medaille

Suhl (dpa) · Ralf Schumann ist Alleinunterhalter. Das ist er oft auf dem 25-Meter-Stand im Schießsportzentrum auf dem Suhler Friedberg. Der dreimalige Olympiasieger mit der Schnellfeuerpistole bereitet sich systematisch und ohne Stress und Öffentlichkeit auf seine siebte Olympia-Teilnahme vor.

Ohne den Olympia-Boykott der DDR 1984 würde London sogar Schumanns achte Olympia-Teilnahme sein. „Ich bin im Plan“, stellt der als „Schütze des Jahrhunderts“ vom Weltverband ISSF ausgezeichnete Pistolenspezialist fest.

An seinen hohen Zielen macht der in sich ruhende gläubige Christ, der im Juni seinen 50. Geburtstag feiert, keine Abstriche. „Ich will in London meine Technik möglichst perfekt umsetzen, einen guten Wettkampf schießen und möchte gewinnen - auch wenn der Sieg nicht alles ist. Als Sportler strebt man ihn aber immer an“, bekennt der gelernte Kfz-Schlosser und Feinmechaniker, der seit Mitte Oktober 2011 auch über das Hochschuldiplom als Trainer verfügt.

Das Selbstvertrauen des viermaligen Weltmeisters und 13-maligen Europameisters hat auch nicht darunter gelitten, dass sein 39. und vorerst letzter Weltcupsieg bereits vier Jahre zurückliegt. „Die Lehrmeinung geht davon aus, dass ältere Sportler in der Reaktionsgeschwindigkeit nachlassen. Das ist bei mir nicht so. Ich schaffe bei Tests sogar noch neue Bestmarken“, erzählt der „Schützen-Schumi“ vom Förderverein Schießsportzentrum Suhl.

Das Olympia-Ticket hatte sich der 1,67 Meter große Ausnahmekönner schon mit Platz zwei im Weltcup 2011 in München gesichert. Nach Abschluss des Studiums in Köln bereitet sich der Perfektionist seit vergangenem November auf London vor. Dabei gilt das über viele Jahre bewährte Prinzip „vom Einfachen zum Komplizierten“. Zuerst wird die Technik in den langsameren Serien mit fünf Schüssen in acht Sekunden geschult, dann folgen die Sechs-Sekunden-Serien und danach die Serien in nur vier Sekunden. Zudem hat er einige neue Trainings-Reize gesetzt. „Beim Olympia-Test im April in London hat das auf dem Niveau funktioniert, das ich zu dem Zeitpunkt erreichen wollte“, stellt Schumann fest, auch wenn kein Podestplatz herausgesprungen ist.

„In London hatte Ralf Pech. Er hat den schlechtesten aller Stände erwischt“, relativiert Bundestrainer Peter Kraneis. Nach 60 Schüssen fehlten ihm drei Ringe zum Finale der besten Sechs. Für die beginnt der Endkampf bei Null. „Im Finale ist alles möglich. Durch die Regeländerung im Vorjahr muss man acht Serien - das sind 40 Schuss - zu je vier Sekunden schießen, wenn man um den Sieg kämpfen will. Der Wert der Vier-Sekunden-Serien ist gestiegen. Das Finale ist völlig anders als das normale Ringezählen im Vorkampf“, schätzt Schumann ein. Da sei Konzentrationsfähigkeit über eine längere Zeit gefragt. „Mindestens 584 oder 585 Ringe muss man schießen, um den Endkampf in London zu erreichen“, lautet seine Prognose.

Noch ist völlig unklar, ob Olympia der letzte Wettkampf sein wird. „Entscheidend wird, ob ich im neuen Job noch die Zeit habe, selbst zu trainieren“, erklärt er. Dabei hofft er auf ein Trainerangebot vom Deutschen oder Thüringer Schützenbund. „Ein Angebot mit Visionen“, sagt Schumann, der im Frühjahr mit Ehefrau Anke von Stockheim in der bayerischen Rhön nach Dußlingen bei Tübingen umgezogen ist, wo ihre bibeltreue evangelische Freikirche beheimatet ist.

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