Schwimm-Verband rätselt: Wie lange noch mit Lange?

Berlin (dpa) · Vor dem Kurzbahn-Weltcup in Berlin kommt der Deutsche Schwimm-Verband nicht aus den Negativschlagzeilen. Das Hin und Her um Britta Steffens vorzeitige WM-Flucht ist zwar abgehakt. Nun aber gehen Verband und Bundestrainer Lange getrennte Wege - noch eher als ohnehin geplant.

Dirk Lange ist vor dem Kurzbahn-Weltcup in Berlin nur noch Bundestrainer auf Zeit. Die Zusammenarbeit zwischen dem Deutschen Schwimm-Verband (DSV) und dem 48-Jährigen geht einem vorzeitigen Ende entgegen. Zwar läuft sein Vertrag bis Ende 2012, doch nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa ist eine Trennung noch vor der Kurzbahn-EM in Stettin (8. bis 11. Dezember) möglich. „Ich habe Leistung gebracht. Wenn man mich nicht mehr haben will, muss man dem juristischen Weg folgen, der auch im Hochleistungssport gilt“, sagte Lange der dpa. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Auch von Athletenseite gab es mir gegenüber keine entsprechenden Aussagen.“

Beide Seiten wollen und können so wie bisher nicht mehr weitermachen, insbesondere mit Blick auf Olympia in London. Der selbst- und sendungsbewusste Lange hat seit seinem Amtsantritt 2008 mehr Kompetenzen gefordert, als der DSV zugestehen wollte. Nun geht es nach dpa-Informationen nur noch um das Wann und Wie der Trennung. Die Protagonisten halten sich mit juristisch verwertbaren Aussagen betont zurück. Es geht um Geld. In der Summe wäre eine Abfindung in sechsstelliger Höhe fällig, den der öffentlich geförderte, aber finanziell nicht auf Rosen gebettete Verband dem Bundesinnenministerium erklären müsste.

Befragt zu einer möglichen Trennung, erklärte DSV-Präsidentin Christa Thiel: „Wenn es soweit ist, dass wir etwas zu verkünden haben, werden wir es alle wissen lassen. Gespräche werden vertraulich geführt.“ Darüber hinaus werde sie keine öffentlichen Aussagen treffen. Die Rechtsanwältin bestätigte der dpa lediglich wie bereits zuvor der „Frankfurter Rundschau“ und der „Berliner Zeitung“, „dass Abstimmungsgespräche stattfinden“.

Von diesen und anderen Aussagen zeigte sich Lange irritiert. „Das überrascht mich sehr, weil mir schriftlich keine Informationen vorliegen. Die Auseinandersetzung wird offensichtlich gewünscht. Das ist neu für mich, gerade vor einem wichtigen internationalen Wettkampf.“ Am Wochenende misst sich in Berlin beim Kurzbahn-Weltcup die deutsche Elite mit Michael Phelps und Co.

Lange forderte stets mehr Kompetenzen, dies und die damit verbundene Beförderung zum Cheftrainer war aber zuletzt im vergangenen Jahr vom Präsidium ausdrücklich abgelehnt worden. Sein Verhältnis zu Leistungssportdirektor Lutz Buschkow gilt als zerrüttet, eine Vertragsverlängerung als kaum denkbar. Öffentlich betonten beide unisono ein gutes Arbeitsverhältnis, doch allein ihre Körpersprache bei gemeinsamen Auftritten sprach Bände. Bis zu den Spielen könnte es eine Übergangslösung geben, die Stützpunkttrainern wie dem Essener Henning Lambertz oder Paul Biedermanns Heimcoach Frank Embacher (Halle/Saale) mehr Verantwortung gibt.

Verantwortung übernehmen zu müssen ohne dafür die Kompetenzen zu haben, darüber hatte sich Lange immer wieder beklagt. So machte er zuletzt immer weniger einen Hehl daraus, dass die hohen Zielvorgaben durch den Deutschen Olympischen Sportbund so nur schwer erfüllbar seien. Im Juli waren die Beckenschwimmer im Gegensatz zu den von Buschkow als Bundestrainer betreuten Wasserspringern bei der WM hinter den Erwartungen geblieben. Nach der vorzeitigen Abreise der einzigen Gold-Hoffnung Britta Steffen zeigte die Führungsebene keine gemeinsame Linie.

Die Causa Steffen ist für den DSV mit der Schirmherrschaft der Doppel-Olympiasiegerin für ein Jugendprojekt aus der Welt. Nun muss der schwelende Lange-Brandherd gelöscht werden, bevor in diesem Fall ein Flächenbrand entsteht. Immerhin stimmten die sportlichen Perspektiven vor dem Heim-Weltcup: So glänzte Biedermann mit drei Weltjahresbestzeiten und dem Prestigesieg über Phelps.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort