Schwimmer gespannt auf Bundestrainer Lambertz

Istanbul (dpa) · Noch hat die Familie Vorrang für Henning Lambertz. Nach einer kurzen Ansprache an die deutschen WM-Schwimmer flog der künftige Chef-Bundestrainer von Istanbul zurück nach Deutschland, in Haan stand die Geburtstagsfeier des Vaters an.

Als Padrone der deutschen Spitzenschwimmer sieht sich Lambertz zwar nicht, das eloquente Erscheinungsbild des 42-Jährigen sollte aber nicht über dessen Durchsetzungsstärke hinwegtäuschen. So tauschte Lambertz nach Amtsantritt als Essener Stützpunktcoach vor vier Jahren das Trainerpersonal aus. Probleme geht er mit offenem Visier an.

„Wenn irgendwas nicht offen ausgesprochen wird, dann wird es unfreundlich und etwas gröber. Kommunikation ist ihm das Wichtigste“, verriet seine Schülerin Paulina Schmiedel am Samstag in Istanbul. „Das hat er auch angesprochen, dass nichts unter den Tisch gekehrt werden soll oder hinter dem Rücken passieren soll.“

Kommunikation war und ist eine der größten Baustellen im Deutschen Schwimm-Verband, da kann ein Trainertyp wie Lambertz den DSV nur voranbringen. Schon Tage vor der offiziellen Vorstellung von Lambertz sickerte die Nachricht durch, der Termin für eine Teamsitzung fand sich erst nach der Pressekonferenz. „Es geht eigentlich weiter wie zuvor. Nur die Hälfte der Mannschaft war informiert, dass diese Vorstellung stattfinden würde“, sagte Britta Steffen grinsend und setzte verständnisvoll hinterher: „Es ist eben auch Wettkampf, das zwischendurch einzubringen ist halt schwierig. Der Tenor der Mannschaft ist sehr positiv. Henning freut sich auf seine Aufgabe, das ist ja schon mal 'ne schöne Voraussetzung.“

Der bisherige Essener Stützpunkttrainer wird sich vom 1. Januar an auch viel intensiver als bisher mit seinem bisherigen Kollegen Frank Embacher befassen. In Halle/Saale trainieren die international Aushängeschilder Steffen und ihr Freund Paul Biedermann. Der Stützpunkt ist somit endgültig zum wichtigsten der bislang sechs deutschen Leistungszentren geworden. Änderungen werden ohne die Zustimmung der Beteiligten nur schwer durchzusetzen sein. Britta Steffen denkt nicht, dass das Trio nur im eigenen Saft schwimmt. „Ich glaube schon, dass wir offen sind für Kritik und Hinweise. Daran kann man ja nur wachsen und lernen. Ich denke, dass das funktioniert“, prognostiziert sie. „Zumindest macht das den Eindruck, als würden Herr Embacher und Herr Lambertz miteinander sprechen.“

Sowas war und ist im DSV nicht selbstverständlich. Lambertz-Vorgänger Dirk Lange und Leistungssportdirektor Lutz Buschkow sprachen lieber über- als miteinander. Buschkow und Lambertz, der zunächst bis Ende 2016 amtieren soll und eine Option bis 2020 hat, versicherten sich hingegen öffentlich ihrer gegenseitigen Wertschätzung. Er höre sich gerne andere Meinungen an, am Ende müsse aber einer entscheiden, sagte Lambertz. Buschkow, dessen Vertrag Mitte 2013 ausläuft, wiederholte, dass er in seiner Funktion auf die Fachkompetenz der Bundestrainer setze - qua Amt aber in letzter Konsequenz das Sagen behalte.

Eine Erkenntnis der medaillenlosen Olympischen Spiele hatte Lambertz noch in London formuliert: Im Vergleich mit den Top-Nationen wird in Deutschland zu wenig trainiert. Dieses Defizit hat auch Paul Biedermann erkannt. Obwohl er sich beim monatelangen Trainer-Casting mit überschaubarem Kandidatenkreis für eine ausländische Lösung ausgesprochen hatte, kann er nach Außen hin mit Lambertz gut leben: „Vielleicht kann er doch den einen oder anderen neuen Aspekt einbringen.“

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