Radsport 1000 Rad-Kilometer in nur fünf Tagen

Traben-Trarbach · Als ein Rennen in der Bretagne kurzfristig abgesagt wurde, entschloss sich die U-23-Europameisterin Hannah Ludwig kurzerhand, den Weg zurück nach Traben-Trarbach im Fahrradsattel zu absolvieren.

 Sieben bis acht Stunden war Hannah Ludwig unterwegs, um pro Tag rund 200 Kilometer zu absolvieren. Erst im Hunsrück und damit kurz vor dem Ziel kamen ernsthafte Anstiege auf sie zu.

Sieben bis acht Stunden war Hannah Ludwig unterwegs, um pro Tag rund 200 Kilometer zu absolvieren. Erst im Hunsrück und damit kurz vor dem Ziel kamen ernsthafte Anstiege auf sie zu.

Foto: Thomas Maheux

Autofahren macht Hannah Ludwig eigentlich nichts aus. Doch als vergangene Woche just in dem Moment, als sie mit ihrer Mutter Isabel am Hotel ankam, auf ihrer Messenger-App die Meldung von der Absage der Bretagne Ladies Tour (wegen der Corona-Lage) aufploppte, war für die 20-Jährige vom Team Canyon-SRAM klar, dass sie nicht noch einmal die 1000 Kilometer im Auto sitzen wollte – also rauf aufs Rad und zurück nach Traben-Trarbach strampeln.

„Meine Mutter hat mich gefragt, wie ich die Absage des Rennens so locker wegstecken konnte“, erzählt Ludwig und erklärt: Während der vergangenen Monate habe sie sich daran gewöhnt, dass Pläne plötzlich geändert werden müssten. „Es ist wie es ist. Ich hatte mich auf das Rennen gefreut, aber es gibt Schlimmeres“, sagt sie. Die Bretagne Ladies Tour war bereits vom Juni auf Ende Oktober verschoben worden.

Ludwig hatte sich besonders auf das Zeitfahren gefreut und vorbereitet. „Ich glaube nicht, dass ich gewonnen hätte“, sagt sie. Aber den Vergleich mit der absoluten Weltelite hätte die zweimalige U-23-Zeitfahr-Europameisterin gereizt.

Als Ludwig allein im äußersten Westen Frankreichs auf ihre erste Etappe ging, kam allmählich der Frust über die Rennabsage. Aber den strampelte sie sich täglich mit rund 200 Kilometern aus den Beinen. Die Spontan-Aktion war natürlich mit ihrer britischen Trainerin Holly Sears abgesprochen, wie sie lachend erzählt: „Die kennt mich schon. Sie ist gewohnt, dass ich den Plan etwas ändere und Gott sei Dank geduldig.“

Mit der Routen-App, die sie auch zu Hause für die Planung mancher Trainingsfahrten benutzt, plante die Moselanerin, wie sie innerhalb von fünf Tagen zurück an die Mosel fahren könne. Auf den schmalen Landstraßen fuhr ihre Mutter im Familien-Kleinbus hinter ihr her oder wartete an vereinbarten Punkten. Zur Sicherheit hatte Hannah Ludwig aber immer ein paar Energieriegel, Geld und eine Regenjacke dabei. „Es hat fast jeden Tag geregnet“, erzählt sie. Außerdem steckte ein Mund-Nase-Schutz in ihrer Trikottasche. Ohne Maske keine Radtour lautet das Motto in Corona-Zeiten. Sieben bis acht Stunden saß Hannah Ludwig bei ihrer 1000-Kilometer-Tour pro Tag im Sattel. Der einzige ernstzunehmende Anstieg kam erst kurz vor Traben-Trarbach mit dem Erbeskopf. Sonst war die Strecke weitestgehend flach. Anstrengend war die Ausdauerleistung aber auch für einen Profi: „Der vierte Tag war der längste mit 213 Kilometer. Das habe ich schon etwas gemerkt.“

Zum Saisonabschluss hofft die 20-Jährige, dass sie mit ihrem Canyon-SRAM-Team von Freitag an der Ceratizit Challenge by La Vuelta bei Madrid teilnehmen kann. 190 Kilometer aufgeteilt auf drei Tage scheinen ein Klacks. Aber ein Rennen mit sechs UCI World Teams und elf weitere Continental Teams ist etwas anderes als Training. Am Samstag ist ein Einzelzeitfahren über allerdings nur knapp zehn, komplett flache Kilometer geplant. Vielleicht ist das doch noch eine Gelegenheit für die U23-Europameisterin, sich mit der Weltelite zu messen.

 

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