Tränen und Trauer: Schwimmer ehren toten Dale Oen

Debrecen (dpa) · Als die Bilder des toten Alexander Dale Oen vor EM-Beginn auf der Videowand liefen, kämpfte nicht nur Europas Schwimm-Verbandspräsident Nory Kruchten mit den Tränen. Der Schock über Dale Oens Tod dauert an und sorgte in Debrecen für weitere emotionale Momente.

Vor den ersten Finalrennen lief in der Halle ein Film über den Brust-Weltmeister von 2011, der am Montag 27 Jahre geworden wäre. Norwegens Verbandsführung will angesichts der laufenden Olympia-Qualifikation wieder den Sport in den Vordergrund rücken und bat die Medien, von Fragen über Dale Oen abzusehen.

Zuvor aber hatte Alexander Hetland nach dem Vorlauf über 100 Meter Brust noch vor Kameras und Notizblöcken Rede und Antwort gestanden. „Es ist eben doch der größte Unterschied in der Welt, wenn er uns nicht von zu Hause zuschaut“, sagte er. Der Kurzbahn-Europameister (50 Meter Brust) von 2009 ehrte den toten Kameraden wie alle anderen norwegischen Schwimmer auch mit dessen Initialen „A.D.O.“ auf der schwarzen Badekappe. „Wir wollen ihn weiter stolz machen, seine Aura ist weiter mit uns. Wir versuchen, das zu tun, wofür er stand: Schneller als alle anderen zu schwimmen, uns weiter zu verbessern. Das hätte er gewollt.“

Vor der Medaillenzeremonie über 100 Meter Brust, die der Italiener Fabio Scozolli gewann, wurde Norwegens Verband mit dem internationalen „Fair Play Award“ ausgezeichnet. Geehrt wurde die Anwesenheit Norwegens, mit der das Land seines toten Weltmeisters gedenkt. Ernst statt ausgelassen war diese Siegerehrung.

Weiter ratlos ist die Schwimm-Welt über Dale Oens Tod am 30. April während des Höhentrainingslagers in Flagstaff im US-Bundesstaat Arizona. Erste Untersuchungen gingen von einem Herzstillstand aus, die genaue Ursache steht noch nicht fest. „Wir haben keine Antworten, man sollte nicht spekulieren oder voreilige Schlussfolgerungen ziehen, bevor man keine Resultate hat“, erklärte Hetland.

Auch außerhalb Norwegens waren die Sportler betroffen. Schon bei den deutschen Meisterschaften in Berlin nahmen die deutschen Athleten Anteil. Eine „sehr erschütterte“ Britta Steffen hofft, dass „die Leute sorgsamer mit ihren Ressourcen umgehen“. Paul Biedermann kannte Dale Oen aus Trainingslagern. Für den deutschen Top-Schwimmer kann eine Konsequenz lauten, „mehr auf den Körper zu hören, aber das ist ein schmaler Grat“. Der WM-Dritte über 200 Meter Brust, Christian vom Lehn, betonte: „Bei uns ist ganz klar geregelt: Wir dürfen nicht mit einer Erkältung ins Wasser gehen.“

Leistungssportdirektor Lutz Buschow verwies auf die jährliche sportärztliche Untersuchung aller Kaderathleten. „Bei den Spitzensportlern gibt es auch regelmäßig Belastungs-EKG. Alle sind jetzt noch einmal besonders sensibilisiert.“ Wie groß der Druck ist, bei Infekten oder Krankheiten nicht zu früh wieder mit dem harten Training zu beginnen, verdeutlichte Marco Koch, der seine Olympia-Norm dem toten Trainingskollegen gewidmet hatte: „Natürlich ist die Verlockung groß, direkt wieder anzufangen, wenn man sich gut fühlt. Bestimmt habe ich das schon gemacht.“

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