Turn-EM: Boy weckt Gold-Hoffnungen

Berlin (dpa) · Starker Mehrkampf, grandiose Reck-Show: Philipp Boy hat das Berliner Turn-Publikum mitgerissen und den deutschen Gold-Hoffnungen bei den Europameisterschaften kräftig Nahrung gegeben.

In der Qualifikation bestätigte der Vizeweltmeister mit Rang eins und 90,375 Punkten im Mehrkampf seine Favoritenstellung. Zugleich zog der Cottbuser als Erster am Reck und als Zweiter am Boden aussichtsreich in die Finals ein. Insgesamt erreichten die deutschen Turner acht Finalplätze und konnten damit an die Traum-Bilanzen der letzten beiden Jahre mit sechs beziehungsweise neun Endkampfrängen auch ohne die Titelverteidiger Fabian Hambüchen und Matthias Fahrig anknüpfen.

Boy startete mit einer glänzenden Boden-Übung und zog zunächst ein langes Gesicht, weil ihm nur der Ausgangswert von 6,0 angerechnet wurde. Nach einem Protest der deutschen Mannschaftsleitung wurde die Note auf 6,2 angehoben, Sportdirektor Wolfgang Willam erhielt die 300 Dollar Einspruchsgebühr von der Jury zurück.

Kleine Fehler leistete sich der Lausitzer an den Ringen sowie am Barren und ließ sich damit Reserven für das Mehrkampf-Finale. Am Reck jedoch gingen alle Hoffnungen in Erfüllung: Alle Flieger brachte er optimal an die Stange und setzte auch den Abgang sicher in den Stand. „Mein großes Ziel ist es vor allem, einmal ein Reckfinale zu gewinnen. Ich lasse mich jetzt nicht verrückt machen und konzentriere mich erstmal auf den Mehrkampf. „Es lief insgesamt super, aber nicht fehlerfrei. Ich habe noch Steigerungsmöglichkeiten“, meinte Boy zufrieden. Hingegen patzten gleich drei Titelverteidiger: Vlasios Maras (Griechenland/Reck), Yann Cucherat (Frankreich/Barren) und Tomi Tuuha (Finnland/Sprung) verpassten die Endkämpfe.

Marcel Nguyen stand Boy als Mehrkampf-Zweiter nur wenig nach (89,725) und steht gleichfalls chancenreich als jeweils Dritter in den Finals am Barren und Reck. „Es war ein sehr schwerer Wettkampf. Natürlich war es noch nicht perfekt. Aber darauf kann man aufbauen“, sagte der Unterhachinger. „Ich hatte mich voll auf den Barren konzentriert, das Reck-Finale ist jetzt eine schöne Zugabe“, sagte der Sohn eines Vietnamesen und einer Deutschen.

Nachdem in der Morgen-Session die Reckpatzer von Brian Gladow und Robert Weber den Chefcoach noch verärgert hatten, gab sich Andreas Hirsch am Abend vollauf zufrieden. „Kompliment an die Männer. Jetzt heißt es: Den Schwung mitnehmen, aber ruhig bleiben. Hut ab vor beiden Turnern, diese Einstellung hat gestimmt“, sagte der Berliner.

Für einen Lichtblick am Morgen hatte vor 4000 Zuschauern ausgerechnet EM-Debütant Sebastian Krimmer gesorgt, der erst in letzter Sekunde für das Team nachnominiert worden war. Der 20-Jährige aus Backnang landete mit 14,725 Punkten nach einer fehlerfreien Darbietung auf Rang sieben am Pauschenpferd, dem einstigen Zittergerät der Deutschen. „Ich habe alles auf eine Karte gesetzt, und es ist gut gegangen“, sagte Krimmer. Thomas Taranu aus Straubenhardt nutzte seine Chance mit Platz sieben an den Ringen. „Jetzt kann ich nur beten und hoffen“, hatte Taranu nach der Morgen-Veranstaltung gesagt. Es half.

Brian Gladow gab sich nach seinen verpatzten Auftritten vor seinem Heimpublikum eher kleinlaut. „Die Enttäuschung ist sehr groß. Es waren zwei Fehler, die alles kaputt gemacht haben“, meinte der 23-Jährige, nachdem er neben dem verpatzten Kolman-Salto am Reck auch am Boden nicht ohne Fehler geblieben war.

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