Turn-Oma holt Silber - Bui-Comeback mit Bronze

Berlin (dpa) · Die deutschen Turnerinnen haben ihren Medaillen-Rausch in Berlin fortgesetzt. Nach dem zweiten Mehrkampf-Rang von Elisabeth Seitz holte Oksana Chusovitina Silber in der Sprung-Konkurrenz und Kim Bui Bronze am Stufenbarren. Philipp Boy war nach Vortags-Gold eher müde.

Turn-Oma Oksana Chusovitina schlug wieder zu, Kim Bui feierte ein großes Comeback: Die Frauen haben bei den Europameisterschaften in Berlin mit weiteren zwei Medaillen überzeugt und bereits vor dem Schlusstag das beste EM-Ergebnis deutscher Turnerinnen seit 26 Jahren eingefahren. Frenetisch angefeuert von 6600 Zuschauern in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle brillierte die 35 Jahre alte Chusovitina mit Sprung-Silber und feierte eine starke Rückkehr in der Weltspitze.

Kim Bui nutzte hingegen ihre einzige Chance am Stufenbarren und stahl mit Bronze ein wenig auch Elisabeth Seitz die Schau, die eigentlich als Medaillen-Kandidatin gehandelt worden war. An ihrem Spezialgerät zeigte die 22-jährige Tübingerin eine großartige Leistung (14,675 Punkte), die das Berliner Publikum in ihren Bann zog. Seitz verpatzte hingegen ihren Abgang und musste wie beim Sprung mit Platz fünf zufrieden sein.

„Mir fehlen die Worte“ - war das erste Statement von Cheftrainerin Ulla Koch nach den drei EM-Medaillen, die zuletzt die DDR-Turnerinnen 1985 verbucht hatten. „Und besonders schön ist, dass alle drei Mädchen nun mit Medaillen geschmückt nach Hause fahren“, sagte Koch. „Das war supertoll, hier vor diesem Publikum die Medaille zu schaffen“, jubilierte Kim Bui nach dem glanzvollem Comeback nach ihrem Kreuzbandriss. Elisabeth Seitz hingegen hatte noch mit der Bewältigung des völlig unerwarteten zweiten Platzes vom Vortag zu tun. „Ein bisschen war der Saft raus“, gestand die Mannheimerin.

Oksana Chusovitina gab sich gewohnt wortkarg. „Ich bin wieder da. Das war wichtig für mich. Nachdem ich zweimal in der Qualifikation hängen geblieben bin, habe ich allen bewiesen, dass ich noch mithalten kann“, sagte die mit Abstand älteste Turnerin der Weltelite, die in London ihre sechsten Olympischen Spiele anstrebt. Die Wahl-Kölnerin kam auf 14,537 Punkte und sicherte sich ihre dritte Sprung-Medaille bei einer EM nach Gold 2008 und Silber 2007. Der Sieg ging an die Rumänin Sandra Izbasa (14,675).

Hingegen war der neue Turn-König Philipp Boy nach nur rund drei Stunden Schlaf nach dem größten Tag seiner Karriere und dem Gewinn des Mehrkampf-Titels nur noch platt. „Ich bin tot, die Beine sind fest, die Arme sind fest, diese Tage haben geschlaucht“, meinte der 23-jährige Cottbuser nach seiner Boden-Übung. Dennoch ging er volles Risiko, stürzte aber bei der Dreifachschraube am Ende der letzten Akrobatik-Bahn und belegte mit 14,275 Punkten nur Platz acht.

„Sicher spielte auch eine Rolle, dass mein Kopf den Titelgewinn noch nicht verarbeitet hat. Ich habe nur dreieinhalb Stunden geschlafen und war heute morgen wie gerädert“, erzählte der neue deutsche Turn-Held. „Jetzt gilt es nur noch, viel Wellness zu genießen, die Muskulatur zu lockern, damit es morgen im Reckfinale wieder klappt. Da sind die Chancen größer als heute“, fügte er hinzu.

Der Sieg am Boden ging an den Mehrkampf-Zweiten Flavius Koczi aus Rumänien. Sebastian Krimmer aus Backnang freute sich indes über Platz fünf am Pauschenpferd. „Beim Abgang war ich etwas verkrampft. Aber als ich gesehen habe, wie sich einige gar nicht am Gerät halten konnten, war ich natürlich heilfroh über mein Ergebnis“, sagte der Schwabe. Thomas Taranu aus Straubenhardt belegte zum Abschluss der Gerätefinals am Samstag Platz 7 an den Ringen.

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