Turner sagen für Japan-Cup ab - Brief zur Lage

San Jose (dpa) · Die Turner aus aller Welt blicken mit gemischten Gefühlen nach San Jose. Der Council des Weltverbandes FIG entscheidet bei seiner Tagung in Kalifornien darüber, ob die WM nach dem Reaktor-Unfall von Fukushima wie geplant vom 8. bis 16. Oktober in Tokio ausgetragen wird.

Die deutschen Turner haben wegen der ungewissen Situation erst einmal ihre Teilnahme am Japan-Cup Anfang Juli in Japans Hauptstadt abgesagt. „Wir können momentan nicht sagen, ob es gefährlich wäre, dorthin zu reisen oder nicht“, erklärte Cheftrainer Andreas Hirsch der Nachrichtenagentur dpa. Zu dem Turnier sollte entsprechend der Saisonplanung die zweite Reihe reisen.

Derzeit herrscht im Lager der Turner große Verunsicherung. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) hat daher unmittelbar vor der FIG-Entscheidung alle Informationen in einem Rundschreiben zusammengetragen und seinen Trainern und Sportlern zur Verfügung gestellt. „Wir wollen keinerlei Stimmung machen. Aber jeder muss darauf vorbereitet sein, wenn der Council entscheidet, die WM in Japan zu belassen. Schließlich muss jeder am Ende ohne Emotionen selbst entscheiden, ob er mit der dortigen Situation leben kann oder nicht“, sagte Hirsch.

Aus dem Brief geht hervor, dass das Internationale Olympische Komitee (IOC) und der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) keine Bedenken gegen eine WM in Tokio haben. „Es geht um einen Hintergrund für die eigene Meinungsbildung. Nicht um die Vorwegnahme der Council-Entscheidung“, urteilte der deutsche Cheftrainer.

Der derzeit noch in der Rehabilitation befindliche deutsche Turnstar Fabian Hambüchen konnte sich erst unlängst bei einem Kurzbesuch über die Situation in Tokio informieren. „Seit das Auswärtige Amt die Reisewarnungen aufgehoben hat, stand seinem Besuch in Tokio nichts entgegen“, sagte Trainer und Vater Wolfgang Hambüchen der dpa.

Der Japan-Kenner weiß um die Sorgen der Asiaten in Sachen WM. „Sie fühlen sich nach den kritischen Äußerungen von anderen Nationen irgendwie alleingelassen.“ Die WM-Veranstalter weisen darauf hin, dass die radioaktive Strahlung in Tokio derzeit sogar geringer sei als etwa in Berlin oder Moskau. „Sicher ist es aber ganz schwer, sich objektive Daten zu verschaffen. Die FIG steht in jedem Fall vor einer ganz schweren Entscheidung“, glaubt Wolfgang Hambüchen.

Verkompliziert wird die Lage durch Gerüchte, wonach das russische Team die WM boykottieren wolle, falls der Titelkampf inklusive Olympia-Qualifikation in Tokio verbleiben sollte. Moskau hatte beim Weltverband vor Wochen eine offizielle Bewerbung als Alternativ-Ausrichter abgegeben. „Die Japaner denken nun, die Russen wollen sich einen Heimvorteil verschaffen“, bestätigte Wolfgang Hambüchen.

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