Vor Schwimm-EM Anzugschaos beim Freiwasser-Team

Budapest (dpa) · Rekord-Weltmeister Thomas Lurz ist ein gutmütiger Mensch, doch beim Anzug-Thema kann sich der erfolgreichste Langstreckenschwimmer in Rage reden.

„Das ist scheiße. Man trainiert das ganze Jahr und dann sowas. Damit verdiene ich doch auch mein Geld“, schimpfte der Würzburger über das wieder aufgeflammte Materialchaos. Die Konkurrenz profitiert davon, dass die deutschen Anzüge kurz vor der WM Mitte Juli vom Weltverband FINA als regelwidrig verboten wurden. „Wir warten täglich auf die Lieferung der zugelassenen Produkte“, sagte Bruder und Bundestrainer Stefan Lurz vor den ersten Freiwasser-Entscheidungen der EM am 4. August.

Der neunmalige Welt- und dreimalige Europameister Thomas Lurz ist über 10 Kilometer Titelverteidiger und wird im Plattensee in langer, eng anliegender Badehose schwimmen. Die „Jammers“ sind den Anzügen unterlegen in puncto Gleitfähigkeit und Kompression der Muskeln, die so langsamer ermüden. Zudem kühlt der Körper in einem Anzug aus textilem Material langsamer aus.

Bei der WM in Roberval (Kanada) mussten sich drei deutsche Athleten sogar zwei Jammers aus dem Jahr 2003 teilen. „Die haben hinten und vorne nicht gepasst“, erinnerte sich Bundestrainer Stefan Lurz. Unmittelbar vor dem Wettkampf waren die deutschen Anzüge wegen ihrer Reißverschlüsse nicht zugelassen. Mit dem gleichen Material war das Team um Thomas Lurz aber erst drei Wochen zuvor beim Weltcup in Setubal/Portugal gestartet - ohne jegliche Beanstandung. Lurz bekam über Monate hinweg widersprüchliche Aussagen. Nun wurden etwa 90 Prozent der bisher verwendeten Anzüge verboten.

So mussten bei der WM die Deutschen ohne schützenden Anzug in das nur 16 Grad kalte kanadische Wasser. „Ich will nicht alles auf die Anzüge schieben, aber alle sollten die gleichen Chancen haben“, sagte Lurz mit Blick auf das italienische Team, das über die neuen Anzüge ohne Reißverschluss verfügt. „Wir hätten uns von der FINA mehr Konsequenz in der Umsetzung der Regeln gewünscht“, bemängelte DSV-Sportdirektor Lutz Buschkow.

In der über 23 Grad warmen „Badewanne“ Balaton wollen sich die deutschen Langstrecken-Asse trotz des Materialnachteils gegen die Konkurrenz durchsetzen. „Unser Ziel ist: Wir wollen als Top-Nation aus der EM rausgehen“, sagte Bundestrainer Lurz, dessen Bruder Thomas vor vier Jahren im Plattensee Doppel-Europameister wurde. „Das sind unsere Bedingungen hier“, hofft Marathon-Weltmeisterin Angela Maurer (Mainz), die über 10 und 25 Kilometer startet.

Neben Lurz springt der deutsche Meister Christian Reichert am 4. August ins Wasser, Ehefrau Nadine (beide Mainz) startet über die 5 Kilometer. Dauerbrenner Thomas Lurz soll auch über die 5 Kilometer am 5. August, im Team-Wettbewerb tags darauf und sogar über die 25 Kilometer am 7. August ins Wasser. Mit drei angestrebten Medaillen ist das EM-Ziel eher defensiv ausgerichtet.

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